Hirntumore, insbesondere Glioblastome, weisen bei einer Mutation des Stoffwechselenzyms IDH1 veränderte Eigenschaften auf. Ihr Wachstum verringert sich und die Tumorzellen reagieren empfindlicher auf eine Strahlentherapie. Eine stärkere Zellabtötung ist die Folge.
Maligne Gliome werden mit einer Kombination aus Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie behandelt. Bei diesen oft aggressiven Tumoren ist der Verlauf nach der Therapie besser, wenn eine bestimmte genetische Veränderung in den Tumorzellen vorliegt, nämlich eine Mutation im Stoffwechselenzym Isocitratdehydrogenase 1 (IDH1). Allerdings war bisher unklar, ob dieser Effekt darauf beruht, dass Tumorzellen mit der IDH1-Mutation weniger aggressiv wachsen oder dass sie empfindlicher auf die Strahlentherapie reagieren. Die Diplom-Biologin Jacqueline Kessler aus der Universitätsklinik für Strahlentherapie ging dieser Frage nach. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit, in der Arbeitsgruppe Molekulare Strahlenbiologie unter der Leitung von Dr. rer. nat. Matthias Bache, erforschte sie das biologische Verhalten sowie die Strahlenempfindlichkeit von Hirntumorzellen, bei denen die IDH1-Mutation künstlich eingefügt wurde, im Vergleich zu Zellen ohne Mutation. Da bösartige Hirntumore häufig Regionen mit starker Hypoxie aufweisen, führte sie die Experimente sowohl unter normaler als auch unter reduzierter Sauerstoffkonzentration durch.
Dabei zeigte sich, dass die IDH1-Mutation in drei verschiedenen Gliomzellarten in Zellkultur einerseits zu einem veränderten Wachstumsverhalten, zum Beispiel einer verminderten Fähigkeit, einen dreidimensionalen Zellhaufen zu bilden führte. Gleichzeitig war aber auch die direkte Strahlenempfindlichkeit der Tumorzellen mit Mutation erhöht, sowohl bei guter als auch bei schlechter Sauerstoffversorgung. „Die international stark beachteten Forschungsergebnisse von Frau Kessler zeigen, dass zumindest bei Hirntumorzellen in der Kulturschale die Mutation des Stoffwechselenzyms IDH1 eine stärkere Zellabtötung durch die Strahlentherapie ermöglicht“, so Prof. Dr. Dirk Vordermark. Die Ergebnisse seien nicht direkt auf die Patientenbehandlung übertragbar, in fernerer Zukunft könnten aber unterschiedliche Strahlentherapiekonzepte für Patienten mit oder ohne IDH1-Mutation vorstellbar werden. Originalpublikation: IDH1(R132H) mutation causes a less aggressive phenotype and radiosensitizes human malignant glioma cells independent of the oxygenation statusJacqueline Kessler et al.; Radiotherapy & Oncology, doi: 10.1016/j.radonc.2015.08.007; 2015