"Oha, können Sie denn auch operieren?" ist mein persönlicher Klassiker unter den Alltags-Oha-Momenten. Es ist die häufigste Frage, die mir in meiner Weiterbildung als Ärztin in der Unfallchirurgie und Orthopädie gestellt wurde.
Ich glaube, jeder hat so einen Oha-Moment. Einen Augenblick, der die Stereotypen in unseren Köpfen zum wackeln bringt. Eine Frau mit dem Hammer in der Hand, die die Prothese implantiert, gehört wohl dazu.
Dabei spiele ich mit diesen Stereotypen so gerne. Meine Patienten sind Raben, Bienen oder Chamäleons und meine Kollegen habe ich unter anderem in Dinosaurier, Bären und Hyänen klassifiziert. Ich schätze, alles einzuteilen ist eine typisch unfallchirurgische Eigenschaft.
Allerdings hat das einen Grund. Von meiner Vorstellung, als gut ausgebildete Unfallchirurgin in einer Klinik zu arbeiten, ist nach den Jahren der Assistenzarzthölle nur noch ein verkohlter Rest übrig. Meine Ideale, meine Liebe zur Medizin, mein unbändiges Interesse an der Naturwissenschaft, mein Talent für ärztliches Handwerk und meine Menschlichkeit liegen in Fetzen am Boden des Gesundheitsystems. Meine Patienten und Kollegen in Kategorien zu packen, erschien mir meine Zeit in der Klinik deutlich zu vereinfachen. Die Kommunikation ging reibungsloser, meine Erwartungen an meine Mitmenschen wurden entsprechend meiner Einteilung angepasst.
Mittlerweile jedoch versuche ich meinem Alltag als Ärztin und Mutter mit weniger schwarzem Humor zu begegnen. Denn eines habe ich im Klinikalltag gelernt: Knochen, Kinder und Beziehungen zerbrechen unter zu viel Druck.
Wer sich dennoch für meine Kategorien und meinen Weg in diesem Gesundheitssystem interessiert, sollte mein Buch kaufen - es erscheint am 17.02.2020.