Astrozytome sprechen schlecht auf Standardtherapien an. Eine Ursache für diese Resistenz könnte ihre Fähigkeit sein, ein Kommunikationsnetzwerk auszubilden: Moleküle werden ausgetauscht und Reparaturmechanismen in Gang gesetzt, die Schäden an Tumorzellen beseitigen.
Gliome werden in Astrozytome und Oligodendrogliome unterteilt. Während Oligodendrogliome mit 40 Neuerkrankungen pro Jahr relativ selten sind und gut auf die Standardtherapie mit Strahlen- und Chemotherapie ansprechen, gelten Astrozytome als sehr invasiv und schwer behandelbar. Dadurch haben sie auch eine schlechte Prognose: Betroffenen bleiben meist nur noch wenige Lebensjahre. Bislang konnte man sich nicht erklären, warum Astrozytome im Vergleich zu anderen Gliomen so schlecht auf die gängigen Therapien ansprechen. In der aktuellen Studie konnte das Studienteam nun einen Ansatzpunkt ermitteln, der es in Zukunft vielleicht ermöglicht, Astrozytome effizienter zu behandeln. Matthias Preusser, Spezialist für Hirntumoren an der Universitätsklinik für Innere Medizin I der Medizinischen Universität Wien und des AKH Wien und Co-Autor der neuen Studie: „Astrozytome formen Kommunikationsnetzwerke aus, mit denen sie untereinander verbunden sind. Dazu bilden die Tumorzellen aus ihrer Membran lange dünne Kanäle, sogenannte Tumor-Microtubes, die sie mit anderen Tumorzellen verbinden. Über die Kanäle werden Informationen und Moleküle in Form von elektrischen Ladungen und Kalzium ausgetauscht. Durch das Netzwerk werden die Verbreitung von Tumorzellen, die Zellteilung und die Therapieresistenz begünstigt.“ Astrozytome sind nämlich in der Lage, über dieses Netzwerk Reparaturmechanismen in Gang zu setzen. So werden Schäden an einzelnen Tumorzellen, die zum Beispiel durch den Einsatz von Strahlentherapie entstehen, beseitigt.
Ein Ansatz, um künftig bessere Therapieerfolge zu erreichen, ist es, die Kommunikation der Astrozytome untereinander zu stören, in dem das Kanalsystem blockiert wird. Preusser: „Es ist vorstellbar, dass man mit Hilfe von Medikamenten, welche die Ausbildung oder die Funktion der Membrankanäle stören, bessere Therapierfolge erzielen könnte.“ Die Schnittstellen des Netzwerks werden durch ein bestimmtes Molekül, Connexin 43, das die Fähigkeit hat Poren auszubilden, erzeugt. Für die Ausbildung der Micro-Tubes scheint hingegen das Protein GAP-43 wichtig zu sein. Preusser: „Mögliche Behandlungsstrategien könnten also die medikamentöse Hemmung des Tumorzellnetzwerkes durch Kalziumblocker oder Substanzen, die Connexin-43 oder GAP-43 beeinflussen, sein.“ Originalpublikation: Brain tumor cells interconnect to a functional and resistant networkMatthias Osswald et al.; Nature, doi: 10.1038/nature16071; 2015