Ein 52-Jähriger stellt sich mit anhaltender instabiler Angina pectoris in einem Krankenhaus vor. Ein Blick auf die linke Koronararterie des Patienten lässt Schlimmes vermuten.
Der 52-jährige Mann kommt mit seit 24 Stunden anhaltender instabiler Angina pectoris in ein Krankenhaus. Hypertonie und Dyslipidämie sind bereits bekannt; der Patient raucht seit 30 Jahren. In der klinischen Untersuchung ist er hyperton bei 142/83 mmHg, der Puls beträgt 59 bpm. Die Auskultation von Herz, Lunge und Gefäßen ist unauffällig. Ein Ruhe-EKG zeigt einen normalen Sinusrhythmus mit anteroseptalen Q-Zacken und invertierten T-Wellen in den apikalen und lateralen Ableitungen jedoch keine ST-Hebung. Anschließend machen die Ärzte ein TEE: Doch sowohl Größe als auch Funktion beider Ventrikel sind unauffällig.
Da die Ursache für die Symptome des Patienten immer noch unklar ist, führen sie eine Koronarangiographie durch. Dabei entdecken sie etwas Verblüffendes: Die A. coronaria sinistra ist vollständig verschlossen. Sie können keinen anterograden Fluss in der LAD und im Ramus circumflexus feststellen.
Ein vollständiger Verschluss der LCA ist eigentlich ein sicheres Todesurteil. Meist versterben die Patienten am plötzlichen Herztod. Doch der 52-Jährige hat Glück: Seine rechte Koronararterie ist derart gut ausgebildet, dass sie den Bereich der linken Koronararterie über einen Umgehungskreislauf mitversorgt – und das obwohl sie selbst eine deutliche Stenose aufweist.
Moutakiallah et al. Journal of Medical Case Reports
Zwei Tage nachdem die Diagnose steht, beheben die Ärzte das Problem mittels eines Koronararterienbypasses. Die postoperative Zeit verläuft ohne Komplikationen. Nach 9 Tagen kann der Patient entlassen werden. Eine normale Herzfunktion bei dennoch symptomatischen Patienten ist also kein Ausschlusskriterium für ernsthafte Pathologien der Koronargefäße. Die Möglichkeit eines totalen Verschlusses, der durch Kollateralkreisläufe kompensiert wird, sollte daher bedacht werden, um gefährliche Untersuchungen oder eine verzögerte Behandlung zu vermeiden.
Textquelle: Moutakiallah et al. / Journal of Medical Case Reports
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