Da die Schwangerschaft einer 35-Jährigen nicht ohne Komplikationen verläuft, entscheiden sich die Ärzte für einen vorzeitigen Kaiserschnitt. Plötzlich steht das Leben der Patientin auf dem Spiel. Was ist passiert?
In der Schwangerschaft einer 35-jährigen Frau kommt es zu zahlreichen Komplikationen. Nach der Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes, zeigt in der 18.Woche ein Ultraschall eine Plazenta praevia totalis – sie versperrt also den Ausgang der Gebärmutter. Nachdem es mehrfach zu Blutungen kommt, wird ein Kaiserschnitt für den vierten Tag der 37. Schwangerschaftswoche angesetzt. Die Patienten erhält eine kombinierte Spinal- und Epiduralanästhesie sowie ein Antibiotikum, um Infektionen vorzubeugen. Die Ärzte führen den Kaiserschnitt wie geplant durch und 37 Minuten später ist das Kind auf der Welt.
Plötzliches Drama
Doch als die Mediziner gerade noch dabei sind, die Gebärmutter zu reinigen – welche nur leicht blutet – wird diese plötzlich blass. Nur drei Minuten nach der Entbindung verliert die Frau auf dem OP-Tisch das Bewusstsein, atmet nur noch sporadisch. Zwei Minuten später ist kein Puls mehr tastbar – ihr Herz pumpt nicht mehr richtig. Sofort beginnen die Ärzte eine Herz-Lungen-Wiederbelebung und intubieren die Patientin. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt, denn eine Ursache des plötzlichen Kollapses ist nicht eindeutig erkennbar.
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Diagnosen unter Hochdruck
Im Eiltempo müssen die Ärzte neben der Arbeit an der Patientin alle möglichen Diagnosen durchgehen. Doch der Zustand der Frau macht es ihnen nicht leichter; eine halbe Stunde später dramatisiert er sich weiter: Der Schnitt beginnt stark zu bluten – es strömt auf den ganzen OP-Tisch. Innerhalb kürzester Zeit verliert sie zwei Liter Blut. Eine Lungenembolie? Unwahrscheinlich, denn mit Kompressionsbandagen wurde der Bildung einer tiefen Venenthrombose vorgebeugt. Eine Luftembolie? Nein, dann hätte die Frau zuerst nach Luft geschnappt. Den Blutverlust halten die Ärzte als Ursache für den Kollaps ebenfalls für unwahrscheinlich, denn sie sahen ja eine eigentlich schlecht durchblutete Gebärmutter. Auch einen allergischen Schock aufgrund der Medikamente schließen sie aus. Ein Herzinfarkt? Kann es nicht gewesen sein, denn der Herzrhythmus war laut Monitor noch normal, als bereits kein Puls mehr fühlbar war.
Doch was war es dann? Die einzige Diagnose, die noch bleibt ist eine äußerst seltene aber lebensgefährliche Geburtskomplikation: Die Fruchtwasserembolie. Sie entsteht, wenn Fruchtwasser in den Blutkreislauf eindringt. Durch ein Schluckecho können die Ärzte diese Diagnose bestätigen. Wegen der extremen Blutung der Gebärmutter und des instabilen Zustandes der Patientin, müssen die Ärzte diese entfernen. Daraufhin können sie endlich – auch durch Medikamente – die Blutung kontrollieren. Nach drei Stunden stabilisiert sich der Zustand der Patientin. Nach fünf Tagen kann sie bereits – zusammen mit ihrem Neugeborenen – entlassen werden.
Textquelle: Bernstein et al. / New England Journal of Medicine
Bildquelle: Cassi Josh, Unsplash