Ab 2016 wollen Pharmaunternehmen Zahlungen an medizinische Fachkreise auf freiwilliger Basis offenlegen. Das Modell hat etliche Schwachstellen, zeigt aber auch kulturelle Unterschiede. In anderen Ländern gelten längst verbindliche Regelungen.
Pharmazeutische Firmen machen ernst: Kommendes Jahr beginne die „heiße Phase“ der Transparenz-Initiative, sagt Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Im Mittelpunkt steht die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA). Für Heilberufler oder Bürger soll künftig nachvollziehbar sein, welche Zuwendungen an medizinische Fachkreise gehen.
Künftig müssen pharmazeutische Unternehmen ihre Zahlungen zwar veröffentlichen und sich an einen Kodex halten. Das Regelwerk ist quasi parallel zum Antikorruptionsgesetz der Bundesregierung entstanden. Hintergrund ist die Kritik vieler Heilberufler, Firmen würden versuchen, indirekt das Verschreibungsverhalten zu beeinflussen – etwa durch Honorare, Reisekosten, luxuriöse Weiterbildungen oder durch nicht deklarierte Zuschüsse für Fortbildungen. Verstoßen Unternehmen – gemeint sind derzeit 58 Mitglieder – gegen ihre selbst auferlegten Richtlinien, drohten Strafen zwischen 5.000 und 200.000 Euro. Gleichzeitig gibt das neue System Ärzten weitreichende Spielräume. Stimmen sie der Publikation entsprechender Daten nicht zu, bleibt es bei wenig aussagekräftigen Sammelangaben über Geldflüsse. Wie hoch deren Bereitschaft tatsächlich sein wird, kann derzeit niemand sagen. Fischer spricht auch von kulturellen Unterschieden – in Schweden sei die Offenlegung ganz normal.
Ein weiteres Defizit: Zum Start wird es keine Datenbank geben, in der alle Informationen gesammelt vorliegen. Vielmehr veröffentlichen Mitgliedsorganisationen Angaben auf der jeweiligen Firmenwebsite. Inhaltlich gibt es ebenfalls Grund zur Klage. Alle Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden lediglich als Kostenblock dargestellt, ohne detaillierte Aufschlüsselung. Dahinter verbirgt sich die Angst, Konkurrenten Tür und Tor zu öffnen. Allerdings fallen in diesen Bereich auch Gelder für Anwendungsbeobachtungen.
Die Bundesärztekammer steht prinzipiell hinter neuen Regeln für mehr Transparenz, geht aber noch einen Schritt weiter. „Die übergroße Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte lässt sich nichts zu Schulden kommen und muss deshalb Transparenz nicht fürchten“, heißt es in einer Mitteilung. „Deshalb wünschen wir uns prospektiv, dass die Veröffentlichung der Zuwendungen unabhängig von der Zustimmung des Empfängers erfolgen kann.“ Alternativ sollten Pharmaunternehmen auf jegliche Kooperation mit Ärzten verzichten, falls diese nicht genannt werden wollen. Ihre Argumente erinnern stark an den „Physicians Payment Sunshine Act“: US-Behörden verpflichten Hersteller, Details über Zahlungen offenzulegen – egal, ob mit oder ohne Zustimmung betroffener Heilberufler.