Per Smartphone oder Tablet-Computer schnell mal einen Arzt konsultieren – darüber freuen sich Patienten in den USA. Start-ups setzen jetzt auf künstliche Intelligenz. Sie wollen Mediziner entlasten, aber keineswegs ersetzen.
US-amerikanische Patienten haben viel Frust beim Arztbesuch. In Großstädten warten sie durchschnittlich 18,5 Tage auf einen Termin, hat eine Umfrage unter Health Professionals ergeben. Besonders angespannt ist die Lage in Boston. Hier dauerte es sogar 72 Tage, bis ein Dermatologe Zeit fand. Beim Hausarzt waren es 66 Tage – zwei Extrembeispiele, die zeigen, dass es selbst in Großstädten zu wenige Mediziner gibt. Start-ups machen aus der Not eine Tugend und entwickeln smarte Systeme, um Patienten jenseits der Praxis zu versorgen. Einige Highlights: Über First Opinion diskutieren Bürger Gesundheitsthemen per Chatfunktion mit Ärzten. Und bei Doctor on Demand lassen sich Mediziner per Audio und/oder Video im heimischen Wohnzimmer konsultieren. Laien sind begeistert, Health Professionals bleiben dagegen skeptisch. Das liegt nicht nur an fehlenden Möglichkeiten, Patienten direkt zu untersuchen.
Dank innovativer Lösungen bleibt Ärzten mehr Zeit, um Patienten mit ernsten Erkrankungen zu behandeln. Auch sie setzen bereits KI-Tools ein. Aktuellstes Beispiel: Enlitic arbeitet nach Prinzipien des Maschinenlernens, um Radiologen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Das Programm analysiert zunächst jeden Datensatz auf dessen Sinnhaftigkeit – handelt es sich wirklich um ein linkes Knie, wie vom Kollegen vermerkt? Danach sucht Enlitic nach möglichen Anomalien. Findet das Tool etwa Anhaltspunkte für ein Aneurysma oder einen Tumor, sendet es die Datei zur weiteren Beurteilung mit hoher Priorität an Spezialisten. Fehlen Hinweise auf Erkrankungen, ist trotzdem ärztliche Expertise gefragt, wenn auch mit niedriger Priorität.
Hinter diesen Lösungen verbirgt sich ein Trend: Computer erkennen nicht nur Muster in Texten, in Bild-, Audio- oder Videodateien. Mit „Deep Learning“, einer Form des Maschinenlernens, simulieren sie menschliche Gehirnprozesse, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Momentan sind die Resultate keineswegs frei von Fehlern, können Ärzte aber entlasten. Ohne die Expertise von Kollegen wird derzeit kein Patient auskommen.