Am Telefon überfordert und ungeübt: Für die DAZ ist das die typische Arzthelferin. Aber auch wir PTAs kommen im Artikel einer sogenannten Kommunikationsexpertin nicht gut weg. Ein persönlicher Kommentar.
Letztens hatten wir in der Apotheke eine leicht erhöhte Pulsfrequenz – nachdem wir die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) gelesen hatten.
Grundsätzlich freuen wir uns auf die DAZ, denn sie enthält einen Querschnitt aus Neuigkeiten der vergangenen Woche, samt meist treffender Kommentare. Dieses Mal jedoch lag die selbsternannte Kommunikationsexpertin Cornelia Tromm aus unserer Sicht komplett daneben.
Es wurden Vorurteile präsentiert, antifeministisches Gedankengut verbreitet und Apotheker ganz klar als den Ärzten untergeordnet dargestellt. Was hat die DAZ nur geritten, so etwas abzudrucken? Aber der Reihe nach.
Grundsätzlich sollten in dem Artikel der „Expertin“ Kommunikationsprobleme zwischen Apotheken und Arztpraxen beleuchtet werden, insbesondere beim Telefonieren. Das ging aber gründlich daneben:
Da stellen sich bei mir schon sämtliche Nackenhaare auf. Wir sind also ungeübt im Umgang mit anspruchsvollen Gesprächspartnern, ja? Ich frage mich ernsthaft, wie ich seit nunmehr zwanzig Jahren täglich Kundengespräche führen konnte – mit Patienten, die durchaus auch Professoren, Fachjournalisten, Ärzte oder CEOs größerer Konzerne sind – ohne mich komplett lächerlich zu machen. Auch finde ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis durchaus anspruchsvolle Gesprächspartner und empfinde mich selbst (man höre und staune) trotz eines fehlenden Studiums als solcher. Anmaßend, ich weiß.
Wirklich unverschämt ist auch die Behauptung, eine Arzthelferin – die übrigens inzwischen MFA heißt, liebe Frau Tromm – könne sich komplexe Sachverhalte nur so lange merken, wie ein Soufflee an der Luft stabil bleibt.
Es geht weiter:
Aha. Apothekenleiter sind also DIE Kommunikationsexperten schlechthin, weil … sie das im Studium gelernt haben? Wohl eher nicht. Ich habe im Gegenteil schon von Apothekern gehört, die sich schlichtweg weigern, überhaupt ein Telefon abzunehmen wenn es klingelt. „Dafür habe ich nicht studiert“, ist dann die gängige Entgegnung. Das wäre sicher eine Riesenhilfe, wenn so jemand dann seine Mitarbeiter schulen soll.
Grundsätzlich kann das manchmal helfen, ja. Warum mich diese Formulierung trotzdem stört, erkläre ich anhand des folgenden Leitfadens für Gespräche.
Die „Expertin“ der DAZ stellt sich das vollendete PTA-Helferinnen-Gespräch in etwa so vor:
Okay. Ich lächle also und zeige Verständnis, dass der Anruf ungelegen kommt. Bei uns ist das natürlich was völlig anderes! Wir haben alle Zeit der Welt, um „Verständnisfragen“ zu formulieren.
So läuft das dann:
„Hallo Frau MFAchen, PTAchen aus der Vorstadtapotheke hier! Ich rufe an, weil ich nicht verstehe, warum Sie heute schon den dritten Patienten mit Indometacin auf dem Rezept aus der Türe schicken? *lächel*
Es kommt Ihnen sicher ungelegen, dass ich Sie nun schon wieder belästigen muss. Ich benötige bitte Ihre Unterstützung, um dem Arzt verständlich mitzuteilen, dass Medikamente mit diesem Wirkstoff gerade nicht lieferbar sind. *strahl*
Ich benötige bitte die Hilfe des Arztes, um die Patienten auf ein anderes Medikament umzustellen, bis Indometacin wieder lieferbar ist. *grins*
Vielleicht sollten sich unsere Chefs da aber lieber einmal persönlich miteinander austauschen? Nur für den Fall, dass Sie sich unseren Gesprächsverlauf nicht merken können?“
Ich freue mich da jetzt schon auf die erbosten Gesichter, wenn die entsprechende MFA nach ihrem Feierabend wie ein Kugelblitz bei uns aufschlägt. Aber das liegt dann vermutlich daran, dass sie den Austausch mit anspruchsvollen Gesprächspartnern nicht gewöhnt ist …
Ein weiterer Tipp lautet, den persönlichen Kontakt nicht aus den Augen zu verlieren. Einfach auch mal nach Dienstschluss zusammenkommen und sprechen, ganz privat. Aber, Moment mal – sind wir nicht eigentlich bei der Arbeit hier … ?
Super Idee. Da lädt der Herr Apotheker den Herrn Doktor zum Feierabend-Schoppen ein. Am besten im Separee bei einer Zigarre und einem guten Whisky. Geht es noch ein wenig klischeebehafteter, Frau Tromm?
Man fühlt sich nach Lektüre des Artikels sowohl in der Berufswahl als auch bei der Einschätzung des eigenen Geschlechts richtig gut erkannt und angenommen. Im kompletten Text gibt es nebenbei nur männliche Ärzte und Apotheker, die anspruchsvoll sind und auch bei Telefonaten einfach alles richtig machen. Und daneben nur weibliche PTAs und Arzthelferinnen, die allesamt inkompetent sind und über eine sehr begrenzte Merkfähigkeit verfügen.
Klasse Idee, wenn die 30-jährige Apothekenleiterin den 50-jährigen Arzt zum Feierabend-Schoppen ins Separee bittet. Ich hoffe, Sie merken, was bei diesem Bild in Schieflage gerät. Aber halt – wird ja nie passieren, weil es keine Apothekenleiterinnen gibt. Alles gut!
Sicher ist es richtig, dass miteinander geredet werden muss. Aber bitte auf Augenhöhe! Hier ist keiner besser als der andere, weil er studiert hat, in einer Arztpraxis arbeitet oder männlich ist.
Ich frage mich, ob es solche Verhaltenscodices auch in Ärztezeitungen zu lesen gibt. Wahrscheinlich sind nur mal wieder die Apotheken so servil …
Bildquelle: Vinicius Amano, Unsplash