Kanelstang und Lakritzeis – es gibt einfach Dinge, bei denen macht den Dänen niemand etwas vor. Nun kam ich in den Genuss, das dänische Gesundheitssystem kennenzulernen.
Viele kennen es und jeder Arbeitnehmer hasst es: Krank im Urlaub. Während man sich ärgert, dass die freie Zeit nicht so richtig der Erholung dient, schlägt man sich mit der Überlegung herum, ob es nun notwendig ist, im Ausland zum Arzt zu gehen. Nach drei Tagen mit einem fiesen Infekt inklusive Fieber, extremer Müdigkeit und einem heftigen Bollerhusten war ich bereit für den Arztbesuch in Dänemark. Nach kurzer Arzt- und einer schnellen Onlinerecherche aus Versicherungsgründen, hatte ich die Sprechstundenhilfe am Telefonhörer. Sie stellte mir ein paar Fragen zu meinen Beschwerden und teilte mir dann auf Deutsch ein Termin für den gleichen Tag mit. Um 11:45 Uhr sollte ich da sein.
Pünktlich fuhr ich in die Gemeinschaftspraxis. Auch dort wurde nochmal kurz abgefragt, was mir fehlte, meine Gesundheitskarte eingelesen und ich ins Wartezimmer geschickt. Bevor ich das Zimmer betreten konnte, wurde mir von der Dame am Empfang entschuldigend mitgeteilt, dass heute mit ein wenig Wartezeit zu rechnen sei. Kein Wunder: Es war der 30.12., ein Montag zwischen den Feiertagen.
Leicht erschöpft, weil mich der Infekt doch ziemlich in die Knie zwang, nahm ich um 11:37 Uhr im Wartezimmer platz. Angesichts des sehr vollen Wartezimmers stellte ich mich nun darauf ein, wohl kaum vor 12:15 Uhr ins Arztzimmer gerufen zu werden. Nach kurzer Zeit wurden die ersten Patienten aufgerufen und mir fiel auf, dass jeder Arzt seine Patienten selbst abholte, sie freundlich begrüßte und sich dabei mit Vornamen vorstellte. Die Atmosphäre war trotz der Fülle an Menschen sehr entspannt. Ich machte es mir in meiner Sitzecke bequem und beobachtete die Kinder am Spieltisch mir gegenüber. Ich hatte meine Urlaubslektüre auf dem Nachttisch liegen lassen und wollte gerade anfangen, mich darüber zu ärgern, da rief mich plötzlich meine Ärztin auf. Stine, so stellte sie sich bei mir vor, begrüßte mich freundlich und entschuldigte sich für die Verzögerung. Ich schaute irritiert auf die Uhr und stellte fest: Es war 11:47 Uhr.
Nach kurzer Untersuchung und Blutabnahme wurde mir ein Antibiotikum verschrieben. Stine erläuterte kurz, wo ich die nächste Apotheke finden würde. Ich nickte und wartete, dass sie mir mein Rezept in die Hand drückte. Sie schüttelte den Kopf und erklärte, dass ich dort einfach nur meinen Namen und das Geburtsdatum nennen müsse, um das Medikament zu erhalten. Gesagt, getan.
Um 12:00 Uhr verließ ich die Praxis und ging auf die andere Straßenseite zur Apotheke. Nach Nennung meines Namens und Geburtsdatums saß ich mit Antibiotikum in der Hand um 12:05 Uhr abfahrbereit im Auto. So schnell war ich noch nie behandelt worden.
Die Moral von der Geschicht? Natürlich wäre ich im Urlaub lieber fit gewesen, aber bei einer so gut funktionierenden Versorgung, lässt es sich gut verkraften, 30 Minuten seiner Urlaubszeit beim Arzt zu verbringen.
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