So mancher Apotheker will aus ihnen Girlanden basteln oder sie gesammelt ans Finanzamt schicken: Es geht um die Kassenbons. Was ich von der Bonpflicht halte.
Die Belegausgabepflicht erhitzt die Gemüter in den Apotheken seit Beginn des Jahres. Alle Kassenbons müssen seither ausgedruckt werden, selbst die Nullbeträge. Schuld daran ist das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, das bereits 2016 verabschiedet wurde. Auf die Wellen der Empörung aus dem Einzelhandel und den Dienstleistungsanbietern über den unnötigen und vom Kunden meist ungewollten Papierbon reagierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch im Dezember so: „Die Aufregung über die Bonpflicht halte ich für vorgeschoben. Es geht um Umsatzsteuerbetrug in Milliardenhöhe“.
Reinhard Rokitta bezweifelt das. Der Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Freien Apothekerschaft erklärte am Dienstag den 07.01.2019 gegenüber der dpa, die etwa 19.000 deutschen Apotheken seien mit ihren elektronischen Kassen bereits „finanzamtstechnisch komplett gläsern“ und für Finanzbeamte „bis ins Kleinste zu durchleuchten“. Apotheken arbeiten alle mit Sicherheitsmodulen, die sämtliche Eingaben direkt beim Eintippen protokollieren. Alle Aufzeichnungen dürfen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr veränderbar sein. Außerdem finden sich digitale Schnittstellen, die eine Datenübertragung zu Prüfzwecken für eine Finanzbehörde ermöglichen, und alle Einzelaufzeichnungen werden zehn Jahre lang gespeichert, was der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht entspricht.
Auf der Homepage des Apothekervereins findet sich daher die klare Botschaft:
„Die Mitglieder der Freien Apothekerschaft wehren sich dagegen, mit Steuerbetrügern in einen Topf geworfen zu werden! […] Die Freie Apothekerschaft reicht in den nächsten Tagen eine Petition gegen die Belegausgabepflicht beim Bundestag ein und hofft auf die Unterstützung des gesamten Handels.“
Der 2010 gegründete „Verein Freie Apothekerschaft“ hat nach eigenen Angaben derzeit 170 Mitglieder und sitzt in Herxheim. Wenn der Verein für sein Anliegen innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterstützer gewinnen kann, erreicht die Petition das so genannte Quorum. Dann hat er die Chance, sein Anliegen mit den Abgeordneten in einer öffentlichen Sitzung vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu diskutieren. Unabhängig von der Anzahl an Unterstützern wird jede Petition parlamentarisch geprüft.
Grundsätzlich muss eine Petition folgende Voraussetzungen erfüllen:
Die geplante E-Petition wird daher voraussichtlich folgenden Wortlaut haben, wie er in der deutschen Apothekerzeitung formuliert ist:
„Die Belegausgabepflicht betrifft ausschließlich Einzelhandelsbetriebe mit elektronischen Registrierkassen, denn Geschäfte mit offener Ladenkasse sind davon nicht betroffen. Das widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Gerade bei den Unternehmen mit elektronischen Registrierkassen hat das Finanzamt schon immer die Möglichkeit der Überprüfung der Steuerehrlichkeit, da alle Parameter über den Abgleich mit der GDPdU-Schnittstelle erfasst und ausgewertet werden. Insofern muss der von Bundesfinanzminister Scholz propagierte ‚Milliardenbetrug‘ in anderen Bereichen zu finden sein. Weiterhin widerspricht die Belegausgabepflicht dem am 24. Oktober 2019 beschlossenen 3. Bürokratieentlastungsgesetz der Bundesregierung. Durch die Belegausgabepflicht ist ein für den größten Teil des Einzelhandels teures und aufwändiges Bürokratiemonster geschaffen worden, das in keiner Weise geeignet ist, mehr Steuerehrlichkeit zu erzeugen. Dieses Gesetz verbietet sich auch allein schon aus Umweltschutzgründen. Mit den Milliarden an - von den Bürgern nicht gewollten – Papierbelegen werden wertvolle Ressourcen verschwendet. Verwerflich ist vor allen Dingen, dass durch die Belegausgabepflicht Bürger als Finanzkontrolleure missbraucht werden. Für die politische Entscheidung zur Belegausgabepflicht gibt es keinen Rückhalt bei den Bürgern. Gesetze gegen das Volk sind nicht zu tolerieren.“
Viele Apotheker möchten sich schon jetzt gegen die empfundene Gängelung seitens der Politik wehren. Hier finden sich einige kreative Vorschläge in diversen Internet-Foren. Manche Apotheker sammeln die ungewollten Papierbons zum Einschicken entweder an ihre zuständigen Finanzämter oder direkt an das Finanzministerium. Andere möchten sie nach zwei Wochen des Hortens an einer Schnur auffädeln und publikumsträchtig aushängen. Wieder andere schalten den Bondruck trotz des neuen Gesetzes einfach ab, da es keine Sanktion für Verstöße gegen die Belegausgabepflicht gibt – Strafen gegen eine Zuwiderhandlung sind bisher nicht vorgesehen.
Auch wenn das Thema Bonpflicht also derzeit die Gemüter erhitzt: Man sollte nicht die Verhältnismäßigkeiten außer Acht lassen. Der Papiermüll ist unnötig, der Grund dafür eigentlich hinfällig und es ist auch gut, dass man sich gegen überflüssige und unnötig verkomplizierende Gesetze wehrt. Doch die Bonpflicht ist auch nicht mehr als das: lästig – jedoch nicht existenzbedrohend. Und so mancher macht aus dieser Mücke einen Elefanten. Wirklich wichtige Petitionen kommen da von anderer Seite.
So wird etwa am 27.01.2020 die letzte erfolgreiche E-Petition von Apothekerseite im Bundestag debattiert. Dann nämlich wird der Pharmaziestudent Benedikt Bühler die Bundestagsabgeordneten bezüglich eines RX-Versandverbotes an die Wünsche der Bundesländer und an den Koalitionsvertrag erinnern.
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