Bei der Behandlung von Warzen übernehmen viele Patienten selbst das Kommando. Was dabei herauskommt, ist mal erfolgreich, mal skurril und manchmal sogar gefährlich.
Warzen sind ein Thema, um das man nicht umherkommt, wenn man in der Apotheke arbeitet. Was wir hier von unseren Kunden alles über Hausmittel zur Warzenbehandlung erfahren, ist jedenfalls interessant.
Per se sind Warzen nicht unbedingt behandlungsbedürftig, denn viele von ihnen verursachen keine Schmerzen und verschwinden nach einigen Wochen bis Monaten von selbst wieder, sobald das Immunsystem sie bekämpfen kann. Innerhalb von zwei Jahren heilen bei etwa 60 Prozent der Patienten die Warzen folgenlos aus.
Warum es mitunter so lange dauert, ist ein interessanter Vorgang, der sich Immunevasion nennt. Dabei wird das körpereigene Immunsystem umgangen, und die Immunantwort die normalerweise bei Viren schneller erfolgt beginnt später. Sobald es aber reagiert, heilen meist alle Warzen gleichzeitig ab. Trotzdem möchten die meisten Menschen sie schon aus ästhetischen Gründen schneller wieder los werden.
Wie groß der Leidensdruck sein kann, merkt man schnell im Gespräch mit den Betroffenen selbst. Um die sinnvollste Behandlungsmethode für den jeweiligen Patienten zu finden, und um die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen, sollten alle Mitarbeiter in einer Apotheke die am häufigsten auftretenden Warzenarten sowie deren Ursache und die Übertragungswege kennen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, nur die Warzen in Selbstmedikation zu behandeln, die sich an Händen und Füßen befinden. Warzen im Genital- oder Analbereich sind für die Behandlung in Eigenregie absolut tabu. Dellwarzen die auch an anderen Stellen auftreten, sollten vor einer eigenmächtigen Behandlung erst durch einen Arzt eindeutig als solche bestimmt werden.
Die vermeintliche Dellwarzenbehandlung des kleinen Sohnes einer Kundin vor vielen Jahren ist mir noch in guter Erinnerung. Sie brachte ihn mit, um mir den Rücken des Kindes vorzuführen, wo sie die „Warzen“ mit Schöllkrautsaft behandelt hatte. Sie waren allesamt entzündet, und hatten sich nach ihrer Aussage „sehr schnell ausgebreitet“. Ihr Sohn litt jedoch keinesfalls unter Dellwarzen, sondern an einer milden Ausprägung von Windpocken, wie der Arzt, an den ich sie verwiesen hatte, sehr schnell feststellte.
Bei kleinsten Unsicherheiten ist daher gerade bei der Behandlung von Kindern immer eine vorherige sichere Diagnose durch einen Arzt nötig. Säuglinge und Kleinkinder bis etwa vier Jahre sollte man niemals ohne ärztliche Begleitung eine Warzenbehandlung angedeihen lassen.
Die sogenannte gewöhnliche oder auch vulgäre Warze wird durch humanpathogene Papillomaviren (HPV) verursacht, von denen es über 100 verschiedene Subtypen gibt. Ihre Formen werden abhängig von ihrer Lokalisation und dem klinischen Erscheinungsbild unterschieden.
Am häufigsten treten die gutartigen Epithelhyperplasien an den Händen und Füßen und dem Anal- und Genitalbereich auf. Sie vermehren sich über Kontakt- und Schmierinfektionen bereits über kleinste Hautläsionen. Das HPV-Virus fühlt sich wie auch Pilzsporen in feuchtwarmer Umgebung besonders wohl. Nach dem duschen oder baden sollten aus diesem Grund die Füße besonders gut abgetrocknet werden. Auch sind Schwimmbäder oder Saunen wo barfuß gelaufen wird als Übertragungsorte prädestiniert. Kinder stecken sich häufig bei Spielkameraden in Kindergärten, Schulen oder der Turnhalle an. Auch über kontaminierte Handtücher kann eine Übertragung stattfinden, es ist kein direkter Hautkontakt nötig.
Die vulgäre Warze kann – je nachdem wo sie auftritt – unterschiedlich aussehen, ist aber meistens stecknadelkopf- bis erbsengroß und mit etwa 70 Prozent die am häufigsten vorkommende Warzenart. Ihre Oberfläche ist meist typisch zerklüftet, sie kann verhornen und Tochtergeschwulste ausbilden. Die Durchseuchung mit HPV in der Bevölkerung von Industrieländern wird mit 75–80 % angegeben und die Inkubationsdauer beträgt bis zu 20 Wochen. Daran sollte man auch die Patienten erinnern, die sich nicht erklären können, wie sie zu solch einer Warze gekommen sind. Ein Schwimmbad- oder Saunabesuch oder ein benutztes kontaminiertes Handtuch reicht aus, um mehrere Monate später eine solche vulgäre Warze an der Hand vorzufinden.
Zu den gewöhnlichen Warzen zählt auch die Dornwarze, die sich meist an den Fußsohlen, im Zwischenzehenraum und der Ferse befindet. Sie ist kaum erhaben, hat eine glatte und bräunliche Oberfläche und reicht meist bis tief in die Unterhaut. Sie ist mitunter sehr druckschmerzhaft und neigt ebenfalls dazu, sich zu vermehren.
Dellwarzen gehören nicht zu den gewöhnlichen Warzen (Verrucae), sondern werden von einem bestimmten Pockenvirus (Molluscum contagiosum) verursacht, das ebenfalls sehr ansteckend ist. Die perlartigen Knötchen haben in der Mitte eine kleine Delle, der sie ihren Namen verdankt. Aus ihr kann eine gelbliche Substanz austreten, die den Virus enthält. Diese kann sowohl für die Verbreitung der Dellwarzen auf dem eigenen Körper sorgen, als auch für andere Personen infektiös sein.
Stielwarzen oder auch Fibrome werden nicht durch Viren verursacht, und sind daher auch nicht ansteckend. Die Ursache für das entstehen dieser weichen Hautanhängsel ist bisher unbekannt. Sie befinden sich häufig in Hautfalten, wie beispielsweise den Achseln, der Leiste oder dem Hals.
Für die Behandlung in der Selbstmedikation stehen vor allem drei Verfahren zur Verfügung: die Vereisung, die Keratolyse mittels Salicylsäure oder das Verätzen mit Ameisensäure, Silbernitrat, Tri- oder Monochloressigsäure. Dellwarzen können mit einer Lösung behandelt wurden, die Kaliumhydroxid enthält.
Die Keratolyse ist für den Patienten recht aufwändig, und dauert oft mehrere Wochen. Zweimal täglich wird eine salicysäurehaltige Lösung auf die Warze aufgepinselt. Sie trocknet zu einem Film ein, der idealerweise so lange auf der Hautstelle belassen wird, bis die nächste Behandlung stattfindet. Die umliegende gesunde Haut sollte mit Ausnahme von wenigen Millimetern rund um die Warze mit einer fetten Salbe geschützt werden. Der Warzenhof kann begrenzt mitbehandelt werden, um Rezidiven vorzubeugen. Bei der Behandlung mit wirkstoffhaltigen Pflastern wird ebenfalls nur die Warze selbst mit dem Wirkstoff in Kontakt gebracht. Das Pflaster verbleibt üblicherweise zwei Tage auf der Hautverdickung. In beiden Fällen wird etwa zweimal wöchentlich der befallene Fuß oder die Hand in einem lauwarmen Salz- oder Laugenbad aufgeweicht, und vorsichtig die gelöste Hornhautschicht abgetragen. Dies wird so lange wiederholt, bis die Warze vollständig verschwunden ist. Beim Abtragen sollte sehr sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Warze nicht beginnt zu bluten, um keine Viren auszuschwemmen.
Das Verätzen der Warze mit Ameisensäure birgt gewisse Risiken, besonders wenn nicht sorgfältig auf den Schutz der gesunden Haut geachtet wird. Die Lösung wird nur einmal wöchentlich aufgepinselt, oder mit einem Stift aufgetupft, und ist damit deutlich anwenderfreundlicher als die langsamere Keratolyse mittels Salicylsäure. Wichtig ist, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sich diese Behandlungsform nur für einzelne Warzen eignet. Ich werde niemals die Hände eines Kunden vergessen, der sich Ameisensäure gegen die ausgedehnten Warzenherde auf seinen beiden Handrücken großflächig aufgepinselt hatte, nachdem er sich ein entsprechendes Präparat im Internet ersteigert hatte. Die daraus resultierenden Vernarbungen werden vermutlich bis an sein Lebensende bestehen bleiben.
Auch das Vereisen mittels Vereisungssprays kann inzwischen in Eigenregie erfolgen, es existieren entsprechende Präparate von verschiedenen Herstellern. Es bewirkt, dass sich unter der Warze eine Blase bildet, die diese herausdrückt. Nach etwa 10 Tagen kann sie dann schmerzlos entfernt werden, oder sie fällt sogar von alleine ab. Wichtig ist es, die jeweilige Gebrauchsanleitung der verschiedenen Medizinprodukte gut durchzulesen, denn je nach Hersteller werden verschieden lange Einwirkzeiten empfohlen. Ist diese zu lange, oder wird dir Zeit, die zwischen den Anwendungen liegen sollte (mindestens 14 Tage) nicht beachtet, drohen Nervenschädigungen. Während der Anwendung kann ein stechender Schmerz auftreten. Lassen sich Warzen auch nach mehrfacher Anwendung auf diese Weise nicht beseitigen, so ist ein Arzt zu konsultieren.
Um die passende Therapie zu finden ist ein Blick auf die Studienlage normalerweise sinnvoll. Hier findet sich eine offene multizentrische Studie, in der 240 Patienten im Alter ab zwölf Jahren randomisiert mit Kryotherapie oder Salicylsäure behandelt wurden. Die Unterschiede sind hier offenbar marginal, denn nach zwölf Wochen fand sich kein Unterschied. Auch nach sechs Monaten betrug die Heilungsrate in der Salicylsäure Gruppe 31 %, die Kryotherapie Gruppe konnte 34 % vorweisen. Dabei wurde die Kryotherapie Gruppe 2 bis 4 mal innerhalb von drei Wochen behandelt, und die Salicylsäure Gruppe benutzte über 8 Wochen täglich eine 50-prozentige topische Anwendungsform. Direkt vergleichbar mit der Therapie in der Selbstmedikation ist die Kälteanwendung vermutlich nicht, denn bei der Studie wurden die Warzen der Probanden genau wie bei einem Arztbesuch mit niedrigeren Temperaturen behandelt, als man sie mit einem Kältestick erreicht.
Grenzen der Selbstmedikation
Kleinkinder, ältere Patienten mit dünner Haut und Diabetiker sollten vor der Behandlung einen Arzt aufsuchen. Ungeeignet für die Selbstmedikation sind außerdem Warzen an den Schleimhäuten und auf Muttermalen. Verschiedene Entfernungsmethoden wie zum Beispiel das Verätzen und das Vereisen sollten außerdem niemals kombiniert werden.
Was taugen Hausmittel?
Die Behandlung mit dem Saft von Schöllkraut oder Wolfsmilchgewächsen steht auf dem Land noch relativ hoch im Kurs. Schöllkraut hat durch seine Inhaltsstoffe – unter anderem die Alkaloide Chelidonin, Coptisin und Sanguinarin – auch tatsächlich eine zellteilungshemmende sowie antivirale Wirkung. Daher kann das betupfen von Warzen mit dem gelben Pflanzensaft möglicherweise tatsächlich Wirkung zeigen. Da hier aber keine belastbaren Studien vorliegen, ist die Anwendung durch pharmazeutisches Personal selbstverständlich nicht zu empfehlen – aber belächeln muss den Versuch auch niemand.
Die Anwendung von Klebeband
Was sich im ersten Moment fast absurd anhört, hat tatsächlich nachweisbare Erfolge gezeigt. In einer randomisierten, teilverblindeten Studie aus den USA wurden 61 Kinder und Jugendliche entweder mit Kryotherapie, oder mit gewöhnlichem Klebeband behandelt. Dieses wurde über einen Zeitraum von sechs Tagen auf die Warzen geklebt, die verhornten Stellen anschließend befeuchtet und vorsichtig abgefeilt. Am nächsten Tag wurde wieder ein Klebeband aufgebracht. Diese Strategie wurde bis zum verschwinden der Warzen über zwei Monate lang verfolgt. Die Heilungsrate betrug in der Kältetherapie Gruppe 60 Prozent und in der Klebeband Gruppe sogar 85 Prozent.
Kunden, die ihre Warze kurzerhand abschneiden oder abbinden möchten ist dringend davon abzuraten. Es können sich schwerste Entzündungen entwickeln, und zusätzlich können die warzenverursachenden Viren ausgeschwemmt und verteilt werden. Eine Reinfektion ist damit vorprogrammiert.
Hausmittel wie Schneckenschleim, Zwiebel- oder Knoblauchwickel, Essigumschläge, Autosuggestion durch Besprechen, Teebaumöl, Bananenschalen, Alkohol, Kreide- oder Eigenurinbehandlung sind dagegen häufig wenig effektiv. Der Urin sollte dabei übrigens auf einem Wattebausch aufgelegt, und auf der befallenen Stelle fixiert, und keinesfalls einfach getrunken oder gegurgelt werden wie mir ein Kunde einmal erklärte. Das sei eher bei Mandelentzündungen empfehlenswert. Wissenschaftliche Belege dazu stehen indes noch aus.
Bildquelle: Renee Fisher, unsplash