Artemisinin ist aktuell das wichtigste Malariamedikament. Doch immer mehr Resistenzen gegen den Wirkstoff bedrohen den Behandlungserfolg. Tropenmediziner haben jetzt eine Lösung gefunden.
Eine Arbeitsgruppe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) hat den Mechanismus identifiziert, der für die Resistenz gegen das zurzeit wichtigste Malariamedikament Artemisinin verantwortlich ist. Dabei spielt das Parasitenprotein Kelch13 eine Schlüsselrolle. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria tropica, ist mit jährlich über 200 Millionen Neuinfektionen und mit über 400.000 Todesfällen einer der bedeutendsten Infektionserreger des Menschen.
Um Malaria zu behandeln, werden in erster Linie Kombinationspräparate eingesetzt, die den Wirkstoff Artemisinin enthalten. Allerdings wird der Erfolg dieser Behandlung zunehmend durch Resistenzen des Erregers bedroht. Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen Mutationen im Protein Kelch13 des Malariaparasiten und dem Auftreten von Artemisinin-Resistenzen besteht. Es war jedoch bislang unklar, welche Funktion Kelch13 in der Parasitenzelle ausübt und wie Kelch13-Mutationen Resistenz verursachen.
Malariaparasiten vermehren sich in roten Blutzellen und ernähren sich durch Aufnahme und Verdau von Hämoglobin. Mit Hilfe umfangreicher zellbiologischer Untersuchungen und unter Verwendung aufwendig hergestellter, gentechnisch veränderter Parasiten konnten die Forscher jetzt zeigen, dass Kelch13 mit anderen Proteinen zusammenwirkt, die für die Aufnahme des Hämoglobins in die Parasitenzelle verantwortlich sind.
„Erst die Identifikation von Kelch13-Partnerproteinen hat uns den entscheidenden Hinweis gegeben, welche Funktion Kelch13 in der Parasitenzelle ausüben könnte", beschreibt Tobias Spielmann die Arbeit seiner Gruppe. „Die gezielte Inaktivierung von Kelch13 bestätigte diese Vermutung und führte in der Tat zu einer verminderten Hämoglobin-Aufnahme.“
Um seine toxische Wirkung entfalten zu können, muss Artemisinin nach Aufnahme in die Parasitenzelle aktiviert werden. Der Malariaparasit nimmt Hämoglobin auf, verdaut die Nahrung und produziert dabei Hämoglobinaubbauprodukte. Diese Abbauprodukte aktivieren in der Malariazelle den Wirkstoff Artemisinin; der Parasit stirbt (siehe Grafik).
Quelle: BNITM
Die Hamburger Wissenschaftler zeigten in weiteren Experimenten, dass die bekannten Kelch13-Mutationen die Hämoglobinaufnahme in die Parasitenzelle vermindern. Dadurch entstehen weniger Hämoglobinabbauprodukte und Artemisinin wird nicht mehr ausreichend aktiviert, um den Parasiten abtöten zu können.
„Eigentlich handelt es sich bei der Arteminisin-Resistenz um eine sehr feinsinnige Balance zwischen Nahrungsaufnahme und Artemisinin-Aktivierung“, fasst Spielmann die Ergebnisse zusammen. „Zum einen muss der Parasit trotz verringerter Hämoglobinaufnahme noch genügend Nahrung zu sich nehmen, um zu überleben, zum anderen darf er gerade nur so viel Hämoglobin aufnehmen, dass Artemisinin nicht mehr ausreichend aktiviert wird“, erklärt der Gruppenleiter.
Diese Erkenntnisse könnten helfen, verbesserte Malariamedikamente zu entwickeln, um der zunehmenden Artemisinin-Resistenz zu begegnen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM)
Bildquelle: Benjamin Elliott / Unsplash