Die gynäkologische Krebsvorsorge ändert sich 2020 entscheidend. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick.
Bereits im Frühjahr 2019 gab es an dieser Stelle zwei Beiträge zu den wichtigsten Neuerungen in der gynäkologischen Krebsvorsorge (Pap-Abstrich: Beschluss löst Skepsis aus und Zervixkarzinom: So klappt die Vorsorge in Zukunft). An die wesentlichen Punkte soll hier noch einmal im Überblick erinnert werden.
Ab jetzt zwei Altersgruppen
Neu ist vor allem, dass die gynäkologische Krebsvorsorge ab 2020 in zwei Altersgruppen eingeteilt wird: Alle Patientinnen zwischen 20 und 34 Jahren erhalten wie gewohnt einen jährlichen zytologischen Abstrich. Nach der Grundlage der Münchner Nomenklatur III (Stand 1. Juli 2014) werden die Ergebnisse in Risikogruppen eingeteilt und das weitere Kontrollverfahren erfolgt nach diesem Schema:
*gemeint ist natürlich Abklärungskolposkopie, es ist ein Fehler des Urhebers © G-BA
Patientinnen ab 35 Jahren erhalten 3-jährlich ein kombiniertes Screening aus zytologischem Abstrich und HPV-Test. Das weitere Vorgehen wird folgendermaßen durchgeführt:
Alle Frauen haben abgesehen von den erwähnten Tests (zytologischer Abstrich und HPV-Test), natürlich weiterhin einen Anspruch auf eine jährliche rein klinische Untersuchung. Informationsschreiben der Krankenkassen zum veränderten Screening werden ab dem 1. Januar 2020 versendet. Bislang ist vorgesehen, dass die beschlossenen Screening-Inhalte nach einer wenigstens sechsjährigen Beurteilungsphase überprüft werden.
Dokumentationsvorgaben vorerst ausgesetzt
In einer Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 5. Dezember 2019 ist folgendes zu lesen:
„Nachdem der G-BA Anfang November Kenntnis davon erhalten hatte, dass die notwendige, geprüfte Praxis-Software bis zum Stichtag am 1. Januar 2020 nicht zur Verfügung gestellt werden kann, haben wir eine befristete Aussetzung der Dokumentationsvorgaben beschlossen. (…) Damit wird der Start der Früherkennungsleistungen zunächst auch ohne Erfüllung der Dokumentationsvorgaben ermöglicht.“
Liegt die Zukunft im Selbsttest?
Momentan sind klinisch entnommene Proben der Goldstandard in der gynäkologischen Krebsfrüherkennung. Das könnte sich allerdings bald ändern. Auf der Konferenz des National Cancer Research Institute (NCRI) letztes Jahr wurden eine Alternative zum Pap-Abstrich vorgestellt. Hierbei handelt es sich um einen Schnelltest für zu Hause. In dieser Studie aus Großbritannien unter Dr. Belinda Nedjai, Senior Research Fellow und Direktorin des Molecular Epidemiology Lab an der Queen Mary University of London, wurden 600 von Frauen selbst entnommene Vaginalsekret-Proben und 503 Urinproben untersucht. Dazu wurden spezielle Standardsysteme verwendet.
Das Patientinnen-Kollektiv rekrutierte sich aus Frauen, die aufgrund eines auffälligen Screening-Befundes und/oder eines positiven HPV-Testes bereits eine Klinik zur Kolposkopie aufgesucht hatten. Die Proben wurden dann mit dem sogenannten S5-Test ausgewertet. Dieser Test misst die DNA-Methylierung der vier HPV-Typen 16, 18, 31 und 33.
Außerdem werden epigenetische Veränderungen im Gen EPB41L3 analysiert und es wird ein Risiko-Wert errechnet. „Wir fanden heraus, dass der S5-Test mit oder ohne HPV-Test sowohl mit Urin- als auch mit Vaginalsekret-Proben gut funktioniert“, sagte Nedjai auf der Konferenz. „Der Test unterschied verlässlich zwischen Frauen ohne präkanzeröse Läsionen und Frauen mit einem CIN3 oder höheren Läsionen.“
Zunächst wäre ein solches System für diejenigen Frauen interessant, die einer Einladung zum klinischen Screening nicht nachkommen wollen oder in Ländern ohne entsprechendes Präventionsprogramm leben, so die Forschergruppe. „Wir arbeiten derzeit an neuen Markern, um die Genauigkeit des S5-Tests noch weiter zu erhöhen und halten den Ansatz für vielversprechend“, schätzt Dr. Belinda Nedjai die Situation ein.
Fazit
In Deutschland erwartet die Patientinnen ab 2020 ein neues Screening-Programm in der gynäkologischen Krebsfrüherkennung. Es wird nach zwei Altersgruppen unterschieden, bei Auffälligkeiten wird nach einem vorgegeben Abklärungsalgorithmus verfahren. Notwendige Dokumentationsvorgaben wurden kurzfristig und vorläufig ausgesetzt, da eine zuverlässige Praxis-Software bislang noch nicht zur Verfügung gestellt werden konnte. Nach mindestens sechs Jahren ist eine Auswertung des neuen Screening-Programms geplant. Darauf sind wir alle sehr gespannt, denn es gibt in gynäkologischen Fachkreisen nicht wenige Skeptiker, was die neue Krebsvorsorge betrifft.
Bildquelle: Joel Fulgencio, unsplash