Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem aktuellen Urteil das Recht auf späte Mutterschaft und die entsprechende finanzielle Unterstützung bekräftigt.
Das bedeutet, dass Krankenversicherungen die Kostenübernahme für eine künstliche Befruchtung nicht allein aufgrund des statistisch erhöhten Fehlgeburtsrisikos ablehnen können. Geklagt hatten eine 44-Jährige und ihr Mann, der an einer Kryptozoospermie leidet und auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen kann.
Alter als alleiniges Ausschlusskriterium
Seine private Krankenversicherung hatte die Übernahme der Behandlungskosten für eine In-vitro-Fertilisation mit intrazytoplasmatischer Spermieninjektion und anschließendem Embryotransfer von rund 17.500 Euro abgelehnt. Dies hatten sie vorrangig mit dem Alter der Frau und dem höheren Fehlgeburtsrisiko begründet.
Der BGH entschied nun, dass das Selbstbestimmungsrecht des Paares „grundsätzlich auch die Entscheidung, sich den Kinderwunsch in fortgeschrittenem Alter unter Inkaufnahme altersspezifischer Risiken zu erfüllen“ umfasse. Die vier Anläufe einer künstlichen Befruchtung könnten als medizinisch notwendige Heilbehandlung verstanden werden, da die Kryptozoospermie des Mannes als zu heilende Krankheit aufgefasst wird und die Krankenversicherung entsprechend in die Pflicht genommen werden kann.
Individuelle Gesundheit anstatt Pauschalisierung
Entscheidend sei, dass die Behandlung mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 15 Prozent zu einer Schwangerschaft führen könne. Dies erfülle die Ehefrau den Laborwerten und klinischen Befunden zufolge, weshalb sie nicht automatisch zur Risikogruppe gezählt werden könne. Wie die Schwangerschaft weiter verlaufe, habe keine Rolle zu spielen. Nur falls die Gesundheit der Eltern die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind lebend zur Welt komme, stark reduziere, könne die Entscheidung anders ausfallen. Bis auf eine Selbstbeteiligung müsse die Krankenversicherung deshalb die Kosten übernehmen.
Quelle: © Bundesgerichtshof
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