Alles fing damit an, dass ich in einen Jungen verknallt war. Daraus wurde zwar nichts. Aber dafür habe ich eine andere Liebe für mich entdeckt.
Ich würde die Menschen gerne gesünder und fitter machen, denn ich sehe im Job täglich das Ausmaß unserer Überflussgesellschaft. Wir als Gesellschaft bewegen uns zu wenig, essen zu viel und das Falsche und leben trotz aller Annehmlichkeiten unglücklich und krank. Bluthochdruck, Leberverfettung, kaputte Gefäße, Arthrose und Depressionen plagen die Menschen. Es werden wilde Diäten gemacht, die maximal kurzfristig Erfolg zeigen.
Ich weiß, dass nicht jeder Mensch ein Bewegungsfanatiker ist. Manchen Menschen ist es in die Wiege gelegt, andere würden sich lieber selbst in die Wiege legen. Da ich aber auch die Zeiten erlebt habe, in denen ich keinen Sport gemacht habe, kann ich den Unterschied im Wohlbefinden sehr gut einordnen. Zumal ich nun als Hausärztin auch unmittelbar feststellen muss, dass der Mensch an sich sich viel zu wenig bewegt. Ich mache mich mit diesem Artikel vielleicht nicht unbedingt beliebt, aber ich möchte in die Welt schreien: Bewegt euch endlich!
Ich habe mit dem Sport angefangen, als ich ungefähr zwölf Jahre alt war. Alles fing an, weil ich ganz furchtbar in einen Jungen verknallt war, der immer ins Schwimmbad ging. Also beschloss ich, auch ins Schwimmbad zu gehen. Ich war damals klein und kindlich und hatte keine Chance bei dem Jungen – die Flamme erlosch. Aber was blieb, ist meine Leidenschaft für das Schwimmen. Schon damals bin ich täglich 1 km nach der Schule geschwommen.
Irgendwann versuchte ich es mit Tischtennis, war aber nicht besonders erfolgreich. Geräteturnen lag mir auch nicht. Ballspiele mochte ich nicht. Meine Energie musste aber raus und so begann ich mit 17 Jahren Taekwondo zu trainieren und habe meine neue Leidenschaft gefunden. Über viele Jahre habe ich es exzessiv trainiert, konnte ein Trainingslager in New York besuchen und befand mich nach einigen Jahren im Besitz zweier schwarzer Gürtel. Bedingt durch Schwangerschaft und Hüft-Probleme durch die wilden Kicks musste ich aber schweren Herzens aufhören.
Dann kamen die beruflichen Jahre in der Klinik und es fehlte die Zeit für den Sport. Das brachte für mich einen immensen Verlust an Lebensqualität mit sich. Was aber immer und fast ohne Ausreden geht, ist Joggen. Turnschuhe an und raus in den Wald oder Park – und seien es nur 20 Minuten!
Aber ich muss gestehen: Joggen ist einfach nicht mein Sport, obwohl ich es geliebt habe und es auch einige Jahre praktizierte. Jeder Opa mit Krückstock hätte mich überholen können, auch heute noch. Schließlich siegte irgendwann die berufliche und familiäre Belastung und ich machte fast zwei Jahre gar keinen Sport.
Nachdem ich meinen Defi implantiert bekam, wollte ich wieder loslegen, musste mich aber erstmal an meine Belastbarkeit herantasten. Auf einen netten Stromschlag hatte und habe ich wenig Lust.
Joggen kam für mich anfangs nicht infrage, weil es für mich eine immense körperliche Belastung ist. Ich startete also wieder mit dem Schwimmen und musste nach jeder Bahn erstmal eine Pause einlegen. So erschöpft war ich. Ich fühlte mich mit 35 Jahren wie eine alte Frau. Interessanterweise scheint sich der Körper aber zu erinnern: An die Belastung, die Glücksgefühle und daran, was er einmal für Leistungen verbringen konnte.
Und so dauerte es tatsächlich nur drei Monate und ich war wieder sportlich voll auf der Höhe. Inzwischen kann ich mich als begeisterte Freizeitsportlerin bezeichnen und gehe einmal in der Woche zwei Kilometer schwimmen, zwei mal eine Stunde Mountainbiken und relativ viel spazieren – ab einem gewissen Alter beginnt man, spazieren zu gehen. Natürlich ist das alles nur möglich, weil ich inzwischen nicht mehr in der Klinik arbeite. Und das bedeutet ein ganz erhebliches Plus an Lebensqualität.
Ihr dürft mich jetzt gerne verfluchen, aber mangelnde Disziplin spielt tatsächlich eine große Rolle beim Sport. Aber nicht einzig und alleine. Denn viele berufliche Tätigkeiten finden heutzutage am Schreibtisch statt. Wir machen Überstunden und haben kaum noch Zeit für irgendwas. In unserer Freizeit sitzen wir ebenfalls wieder am Computer oder vor dem Fernseher.
Unser Körper ist aber auf Bewegung ausgelegt. Unser gesamtes Skelett-System, die Muskulatur und auch unser Stoffwechsel sind bestens dafür geeignet, sich zu bewegen und Höchstleistungen zu vollbringen. Knochen und Gelenke bleiben durch Bewegung stabil und geschmeidig, die Muskukatur wird stärker und stützt unsere Knochen und unser Achsen-Skelett. Unser Stoffwechsel kann sich seine Energie über die verschiedensten Stoffwechselwege beziehen, damit er auch bei Höchstleistungen nicht untergeht.
Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Und natürlich kommt es auf den Sport an. Die Fußballer mit den vielen kaputten Kreuzbändern können ein Lied davon singen. Und natürlich muss man körperliche Gebrechen, schlechte Kondition oder Übergewicht berücksichtigen und ein individuelles Trainingskonzept entwickeln. Jemand, der gesundheitlich vorbelastet ist, möge hierzu bitte den Hausarzt befragen und nicht auf Teufel komm raus von heute auf morgen für den Marathon trainieren. Dann nämlich kann man mit Sport auch sehr viel kaputt machen.
Wir als Ärzte sollten unsere Patienten zu mehr Bewegung ermutigen:
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