Ein 57-Jähriger stellt sich zur wiederholten Operation eines Chordoms des Clivus im Krankenhaus vor. Doch am Ende soll es nicht der Tumor sein, der ihm zum Verhängnis wird.
Ein 57-jähriger Mann stellt sich mit starken Kopfschmerzen und Gangstörungen in einem Krankenhaus vor. In der neurologischen Untersuchung finden die Ärzte eine linksseitige Augenmuskellähmung sowie eine Tetraparese mit Zeichen einer Myelopathie.
Ein MRT zeigt ein rezidivierendes Chordom des Clivus mit extra- und intraduralen Anteilen. Bereits 1996 wurde mit einer Kraniotomie das erste Chordom entfernt, gefolgt von einer Bestrahlung. Die Ärzte führen einen erweiterten transnasalen, transclivalen endoskopischen Eingriff unter Neuronavigation durch. Die Tumorresektion und Dekompression des Hirnstammes verlaufen unkompliziert.
Postoperativ entwickelt der Patient eine Pneumonie sowie eine interstitielle Pneumonitis, weshalb eine rechtsseitige Thorakotomie zur Wedge-Resektion des Lobus medius und inferior durchgeführt wird. Aufgrund der kräftigen Statur des Patienten kann keine perkutane Magensonde gelegt werden. Daher entscheiden sich die Ärzte für eine transnasale Vorgehensweise unter endoskopischer Bildgebung.
Als sich der Patient einige Tage später die transnasale Magensonde aus Versehen zieht, legt der zuständige Bereitschaftsarzt erneut eine identische Sonde – jedoch ohne Zuhilfenahme bildgebender Methoden.
Unmittelbar nachdem die neue Sonde gelegt wurde, zeigt der Patient eine signifikante linksseitige Schwäche. Auf einem CT-Bild wird dann ein fataler Fehler sichtbar: Die Spitze der Sonde liegt nicht – wie beabsichtigt – im Magen, sondern hat die durch den vorhergehenden Eingriff geschwächte Schädelbasis durchdrungen. Sie konnte so in den Hirnstamm und das Rückenmark gelangen.
Sofort wird eine Notfalloperation eingeleitet und die Sonde unter endoskopischer Bildgebung gezogen. Nachdem die anschließende Blutung gestillt ist, identifizieren die Ärzte eine Austrittsstelle von Liquor in der Dura, welche sie verschließen. Doch trotz der schnell eingeleiteten Maßnahmen erlangt der Patient seine motorischen Fähigkeiten nicht zurück und verbleibt tetraplegisch. Lediglich ein leichtes Zucken der linken Schulter ist möglich. Sieben Monate später entscheiden sich die Angehörigen, die Maßnahmen einzustellen. Der Patient stirbt kurz darauf.
Textquelle: Amgad et al. / American Journal of Otolaryngology / docc.hk/czmuhqBildquelle: Diogo Nunes / Unsplash