Thrombozyten haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Regeneration der Leber. Bei Patienten mir operativer Teilentfernung des Organs konnte gezeigt werden, dass bestimmte Freisetzungen aus den α-Granula das Nachwachsen des Lebergewebes beeinflussen.
Bereits 2014 hatten Forscher der Universitätsklinik für Chirurgie der medizinisches Universität Wien (MedUni Wien) um Patrick Starlinger und dem Institut für Physiologie um Alice Assinger gezeigt, dass in Thrombozyten gespeichertes Serotonin die postoperative Leberregeneration entscheidend beeinflussen kann. Serotonin ist in den elektronendichten Granula (Speicherorganellen) von Thrombozyten gespeichert und wird aktivierungsabhängig abgesondert. Im Zuge der Thrombozytenaktivierung wird auch der Inhalt einer zweiten Art von Granula freigesetzt: die α-Granula. Nun konnte zum ersten Mal eine hoch selektive Freisetzung von α-Granula in vivo nachgewiesen und eine daraus resultierende pathophysiologische Konsequenz aufgezeigt werden.
Diese Granula enthalten sowohl wachstumsfördernde, wie auch wachstumshemmende Faktoren. In vitro-Daten der vergangenen Jahre konnten zeigen, dass Thrombozyten nicht, wie bisher angenommen, nur in einem aktivierten oder nicht aktivierten Zustand vorliegen können, sondern dass sie abhängig vom zugrundeliegenden Stimulus in der Lage sind, wachstumsfördernde oder wachstumshemmende Faktoren sehr spezifisch freizusetzen. Ob dieser Mechanismus auch in vivo eine Rolle spielt und pathophysiologische Konsequenzen hat, war bisher nicht bekannt. Das enorme Regenerationspotenzial der Leber und fortschreitende Entwicklungen im Bereich der Leberchirurgie erlauben es, dass selbst bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion aufwändige Resektionen durchgeführt werden können. Allerdings tritt auch heute noch bei einem gewissen Prozentsatz eine postoperative Störung der Leberfunktion auf. Diese Leberinsuffizienz kann sich zu einer lebensbedrohlichen Komplikation entwickeln und ist mit einer relativ hohen Mortalität assoziiert. Die genauen Ursachen für ein Leberversagen sind bisher nur teilweise geklärt.
Die Wissenschafter konnten nun auch zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen thrombozytären Wachstumsfaktoren und Lebervenenblutdruck besteht. Eine vorbestehende Lebererkrankung, die zu Veränderungen des Lebervenenblutdrucks führt, gilt als Risikofaktor für postoperative Komplikationen. „Wir konnten zeigen, dass bei Patienten mit hohem Lebervenenblutdruck die Freisetzung von wachstumsfördernden Substanzen unterdrückt und vermehrt wachstumshemmende Faktoren freigesetzt werden. Diese Erkenntnisse werden uns helfen, die gefährlichen Konsequenzen von Veränderungen des Lebervenenblutdrucks besser zu verstehen“, erklärt Starlinger. Die gewonnen Erkenntnisse könnten einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung neuer Therapiestrategien liefern, um eine verbesserte Leberregeneration nach Leberresektionen zu gewährleisten und damit auch das Risiko für das Auftreten eines bis dato nicht behandelbaren Leberversagens zu senken. Originalpublikation: The Profile of Platelet α-Granule Released Molecules Affects Postoperative Liver Regeneration Patrick Starlinger et al.; Hepatology, doi: 10.1002/hep.28331; 2015