Prof. Hans-Georg Diener; © privat
Systemische Thrombolyse nicht ohne Risiken
„Für eine Untergruppe von Schlaganfallpatienten mit Durchblutungsstörungen kommt die systemische Thrombolyse mit Gewebeplasminogenaktivator in Betracht. Zwischen 14 und 20 Prozent aller Patienten eignen sich für diese Art der Behandlung, sofern sie innerhalb von viereinhalb Stunden behandelt werden“, erläutert Prof. Hans- Christoph Diener, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Essen. Neben diesem Verfahren gab es bisher kein weiteres, das evidenzbasiert angewendet wurde. Hinzu kommt, dass es sich bei diesem Verfahren um eine medikamentöse Behandlung handelt, für die es potenziell 22 Gegenanzeigen gibt. „Deswegen müssen Patienten sorgfältig ausgewählt werden, damit es nicht zu einer Blutung im Gehirn kommt. Der andere große Nachteil ist, dass bei Verschlüssen großer Gefäße nur etwa in der Hälfte der Fälle das Gefäß wieder geöffnet werden kann“, ergänzt Diener.
Revolution in der Schlaganfalltherapie
Mit einem katheterbasierten Verfahren, der mechanischen Thrombektomie, kommt nun Bewegung in die Schlaganfalltherapie. Diese Methode wird zusätzlich zur systemischen Thrombolyse angewendet. Neu ist das Verfahren nicht. Die ersten drei randomisierten Studien schlugen jedoch fehl. Diener sieht die Gründe in der technischen Beschaffenheit der Kathetersysteme, der zeitlichen Dauer der Behandlung und in der Patientenauswahl. „Der Vorteil von negativen Studien ist, dass man daraus lernen kann, wie es richtig geht.“ Fast zeitgleich wurden so fünf weitere Studien initiiert, die mit neuartigen Stent-Retrievern arbeiten. „Das sind spezielle Katheter, bei denen man praktisch von der Leiste aus bis in das betroffene Gehirngefäß vorstößt. Das Blutgerinnsel wird mit einem dünnen Draht durchstoßen und in einem Stent praktisch gefangen, sodass es zusammen mit dem Stent herausgezogen werden kann“, erklärt Diener. Die Wahrscheinlichkeit, dass große Gefäße wieder geöffnet werden, liegt hier bei etwa 90 Prozent. Aus diesem Grund wurde ein Teil der Studien vorzeitig abgebrochen, da die Ergebnisse überdurchschnittlich gut waren.