In Düsseldorf fand am Wochenende die 10. Forensische Nacht statt. Inspiriert von den „Toten Hosen“ ging es um Morde aus Liebe – und verräterische Spuren.
Zum zehnjährigen Jubiläum der Veranstaltung war im größten Hörsaal der Universität Düsseldorf kein Platz mehr frei. Das Publikum bildete eine Mischung aus „blutigen Anfängern und blutliebenden Fortgeschrittenen“, wie Stefanie Ritz-Timme, Leiterin des Instituts für Rechtsmedizin Düsseldorf feststellte. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Britta Gahr sowie Udo Moll von der Kriminalpolizei Düsseldorf und Andreas Fritsch von der KTU der Düsseldorfer Polizei beschäftigte sie sich in diesem Jahr mit Fragen rund um das Thema Tötung aus Liebe und was man aus Blutspuren lesen kann.
Zunächst erklärte Gahr den Unterschied zwischen einem erweiterten Suizid und einem Tötungsdelikt. Das werde häufig verwechselt. Sie machte deutlich, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt, wenn eine Person jemand anderen umbringt und sich anschließend selbst tötet. Von einer realen Beziehungstat aus Düsseldorf berichteten anschließend die beiden Kriminalpolizeibeamten.
Ein Augenmerk legten sie dabei auf die forensische Blutspurenmusteranalyse. Sie sei laut Ritz-Timme möglich, weil „Blut eben doch ein ganz besonderer Saft mit speziellen Eigenschaften ist.“ Zu diesen gehören seine Viskosität und Oberflächenspannung sowie die Adhäsionsfähigkeit. All dies sorge für spezielle Spuren, wenn Blut aus unterschiedlichen Winkeln auf eine Oberfläche trifft und dort Schleuderspuren hinterlässt.
So ergibt Blut, bei einem Auftreffwinkel von 70°–90° eine runde Spur, während ein sogenanntes Bärentatzenmuster entsteht, wenn der Winkel zwischen 40°–60° liegt. Ist der Auftreffwinkel noch flacher, ähnelt die Blutspur einem Ausrufezeichen. Neben dem Auftreffwinkel spielen weitere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel die Art des Untergrundes und die Herkunft des Blutes. Anschaulich zeigten Ritze-Timme und Gahr ihre Erläuterungen mit Hilfe von Kunstblut, dass sie aus bestimmten Winkeln auf unterschiedliche Oberflächen spritzten und tropften.
Doch natürlich lässt nicht nur die Blutspurenmusteranalyse einiges an Rückschlüssen zu, auch das Blut selbst wird untersucht. Hierzu erfolgt eine DNA-Analyse. Dies ermögliche zum einen den Abgleich mit DNA von Opfer oder Täter, zum anderen könne aber auch nach Unbekannten gesucht werden. So sei es mittels Forensic DNA-Phenotyping (FDP) möglich, Hinweise auf Haar-, Haut-, Augenfarbe und Alter auszulesen.
Im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung dürfen diese Eigenschaften künftig in Deutschland analysiert werden. Das steht in einem aktuellen Gesetzentwurf-Beschluss zur Modernisierung des Strafverfahrens. Allerdings sei eine kritische Interpretation der gewonnen Daten nötig, wie die Leiterin der Rechtsmedizin betonte. So könnten beispielsweise bei der Augenfarbe blaue und dunkelbraune Augen in 95–98 Prozent der Fälle richtig analysiert werden. Liege jedoch ein intermediärer Typ vor, sei keine derart zuverlässige Aussage möglich. Was in Deutschland weiterhin nicht erlaubt ist, ist das Auslesen von Merkmalen, die Hinweise auf die biogeographische Herkunft einer Person geben.
Neben diesen interessanten Fakten zu Blutspuren stellte Ritz-Timme einige Statistiken zum Thema Beziehungstaten vor. Demnach handelte es sich bei den Tötungsdelikten in Deutschland im Jahr 2018 bei rund 41 Prozent um Taten in einer Partnerschaft oder innerhalb der Familie. Männer brachten ihre Partnerinnen häufiger um als umgekehrt.
Dabei sind Frauen über ihre gesamte Lebensspanne gefährdet, von ihrem Partner umgebracht zu werden. Vor allem dann, wenn eine Trennung angedroht werde oder die Frau sich bereits von ihrem Partner getrennt habe. Deshalb, so Gahr, erhielt sie gleich zu Beginn ihrer Arbeit in der Rechtsmedizin den Tipp, am besten "letzte klärende Gespräche in einer Beziehung am Telefon zu führen."
Männer würden von ihren Partnerinnen hauptsächlich in höherem Alter getötet, wobei selten eine Trennung der Grund sei. Außerdem führten Frauen ihre Taten mit mehr Planung und Vorbereitung durch. Allerdings, so die Leiterin der Rechtsmedizin, seien die Fallzahlen in einigen Statistiken recht klein und deshalb nicht unbedingt repräsentativ.
Weitere Highlights des Abends waren der Besuch von zwei Polizeihunden sowie die Schilderungen der Tatortreinigerin Antje Große-Entrup. Musikalisch begleitet wurde die Forensische Nacht von den Freien Schwestern Duisburg, die unter der humorvollen Leitung von Kriminalhauptkommissarin Andrea Neubauer alle Zuschauer von den Stühlen rissen.
Sämtliche Einnahmen des Abends fließen in das Projekt der Frauenberatungsstelle Düsseldorf „Extra für Kinder“. Dieses setzt sich dafür ein, Kindern von Betroffenen eine psychologisch-pädagogische Fachkraft während der Beratung der erwachsenen Bezugsperson zur Verfügung zu stellen. Das lässt auch eine etwaige Therapiebedürftigkeit der Kinder schneller erkennen. So können eventuell notwendige Interventionen eingeleitet werden. Organisiert wurde die Benefizveranstaltung auch in diesem Jahr wieder durch den Rotary-Club Düsseldorf Kaiserpfalz.