Bei manchen Patienten können Betablocker eine Psoriasis ähnliche Hautentzündung auslösen. Bonner Pharmakologen haben nun eine mögliche Ursache dafür gefunden.
Dass Betablocker schwere psoriasis-ähnliche Hautentzündungen verursachen können, ist schon lange bekannt. Die Ursache für dieses Phänomen war allerdings bislang weitgehend unbekannt. Eine aktuelle Studie bringt jedoch Licht ins Dunkel: Demnach können Betablocker augenscheinlich den Abbau defekter Zellbestandteile stören. Im Gegenzug setzen die Zellen dann Botenstoffe frei, die immunvermittelte entzündliche Reaktionen auslösen.
In diese Richtungen deuten zumindest Experimente mit Zellkulturen. Die Wissenschaftler hatten dabei den Wirkstoff Propranolol unter die Lupe genommen. Unabhängig vom eigentlichen Wirkmechanismus, der Blockade von Betarezeptoren, verdankt er seine entzündungsfördernden Nebenwirkungen vermutlich der Kombination zweier Eigenschaften: „Propranolol ist fettlöslich und zugleich leicht alkalisch“, erklärt Prof. Dr. Günther Weindl vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn.
Dank seiner Fettlöslichkeit kann der Wirkstoff Biomembranen durchqueren. Der zweite Punkt sorgt dafür, dass Propranolol sich in saurer Umgebung positiv auflädt. In diesem Zustand kann die Substanz dann nicht mehr durch die Membran zurück.
Problematisch wird diese Kombination beim Vorgang der Autophagie. Dabei nutzen Zellen Bläschen aus Biomembranen als eine Art „Gelben Sack“, in dem sie defekte Proteine und andere Zellbestandteile verpacken. Der Sack verschmilzt dann später mit dem Lysosom. Dieses Zellorganell enthält hydrolytische Enzyme, die den Inhalt zerlegen und die einzelnen Bausteine wieder in die Zelle abgeben – ein perfektes Recycling.
Die Flüssigkeit im Lysosom ist leicht sauer, denn nur in diesem Milieu können die Enzyme ihre Arbeit verrichten. Wenn daher ein Propranolol-Molekül per Zufall seinen Weg durch die Membran in den Beutel findet, wird es positiv geladen und sitzt in der Falle. Mit der Zeit sorgt dieser Effekt dafür, dass sich immer mehr Propranolol im Lysosom anhäuft. „Und dieser Prozess stört augenscheinlich die Autophagie“, sagt Weindl. „Das wiederum verändert eine Reihe von Prozessen in der Zelle. Als ein Resultat schüttet sie unter anderem Entzündungsbotenstoffe aus, vor allem das so genannte Interleukin-23, das hauptsächlich von Immunzellen abgesondert wird. Folge davon sind die beobachteten Hautprobleme.“
Wie diese Prozesse auf molekularer Ebene genau zusammenhängen, wollen die Forscher nun weiter untersuchen. Schon jetzt deuten ihre Ergebnisse aber darauf hin, dass die entzündlichen Effekte vor allem bei fettlöslichen Betablockern auftreten. Tatsächlich gibt es in dieser Wirkstoffgruppe auch Substanzen, die weniger gut membrangängig sind. „Wir haben sie in unseren Zellkulturen getestet“, betont der Pharmakologe. „Die Interleukin-23-Ausschüttung war bei ihnen deutlich geringer als nach Propranolol-Gabe.“ Diese Ergebnisse müssen aber noch bei lebenden Organismen verifiziert werden.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Bildquelle: Toa Heftiba, Unsplash