Seit ihrer Entdeckung vor über 30 Jahren sind Wissenschaftler auf der Suche nach Wirkstoffen gegen bestimmte Krebsproteine. Jetzt gibt es erste klinische Studien mit einem Medikament, das Lungenkarzinome schrumpfen ließ.
In ihrer mutierten Form sind sie verantwortlich für das unkontrollierte Wachstum zahlreicher aggressiver Krebsarten. Bei 20 bis 30 Prozent aller humanen Tumoren findet man eine mutierte Variante: Die Rede ist von Ras-Genen.
Unter Wissenschaftlern gelten Ras-Proteine eigentlich als „undruggable“. Das liegt vor allem an ihrer kompakten Form und ihrer glatten Oberfläche. Diese Eigenschaften machen sie nahezu unangreifbar. Hinzu kommt, dass die Ras-Proteine sehr wählerisch sind. Sie ziehen die Bindung zum Molekül GTP allen anderen Bindungen vor.
Eine einzige Mutation in einem Ras-Gen kann verheerende Folgen haben. Das liegt an ihrer unentbehrlichen Rolle im normalen Zellwachstum: Zur Ras-Familie gehören die drei Gene NRAS, HRAS und KRAS. Sie alle produzieren Proteine, die Wachstum, Teilung und Differenzierung einer Zelle kontrollieren. Eine Mutation kann dazu führen, dass die Zelle die Kontrolle über ihr Wachstum verliert – ein Tumor entsteht. Der Versuch, die defekten Proteine irgendwie auszuschalten, ist immer wieder gescheitert. Forscher und Unternehmen haben viel Zeit und Geld investiert, um die Ras-Proteine und ihre Struktur besser zu verstehen. Nach tausenden getetesten Molekülen und Patenten kamen sie ihrem Ziel immer näher.
Jetzt haben es erstmalig Moleküle bis in klinische Studien geschafft. Sie inhibieren KRAS G12C, eine bestimmte mutierte Variante von KRAS. Das Biotech-Unternehmen Amgen veröffentlichte letzte Woche erste Ergebnisse in Nature. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs führte der Wirkstoff zum Schrumpfen der Tumoren. Außerdem regte er offenbar T-Zellen dazu an, den Tumor zu attackieren. Ein anderes Unternehmen, Mirati, ist ebenfalls im Rennen um die Entwicklung eines wirkungsvollen Medikaments. Auch ihr Inhibitor ließ Lungenkarzinome bei einer Handvoll Patienten schrumpfen.
Zwar handelt es sich erstmal nur um kleine Studien mit wenigen Probanden, doch die Fachwelt ist trotzdem begeistert. Frank McCormick, Professor an der University of California und San Francisco’s Helen Diller Family Comprehensive Cancer Center erklärt gegenüber Chemical & Engineering News: „Es ist nicht mehr länger 'undruggable'. Es ist jetzt die Frage, welcher Wirkstoff der beste ist. Das ist ein großer Unterschied.“
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