Mit einer massiven und nässenden Schwellung des Skrotums stellt sich ein Mann in der Notaufnahme vor. Diese hat er bereits seit 30 Jahren. Doch was ist die Ursache?
Ein 43-jähriger Patient stellt sich in der Notaufnahme vor. Er ist tachykard und fiebrig und berichtet, an einer zunehmenden, nässenden Schwellung des Skrotums zu leiden, die sich über die letzten drei Jahrzehnte immer weiter vergrößert habe. Beim Laufen stützt er sich auf eine Gehhilfe und um die meisten Dinge des täglichen Lebens kümmert sich seine Mutter. Da der Mann nach eigenen Angaben bereits jahrelang keine medizinische Versorgung in Anspruch genommen hat, erfahren die Ärzte nur wenig über seine Krankengeschichte. Scheinbar hat er aber bisher keine urologischen Erkrankungen gehabt.
Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich ein massives Skrotalödem, dessen Größe sich über das Niveau der Knie erstreckt. Die Haut des Skrotums ist verdickt, zudem finden die Ärzte zwei offene Wunden, die ein faulig riechendes, eitriges Sekret absondern. Auch sein linkes Bein ist ödematös und die Haut des Oberschenkels stark verdickt. Das Labor zeigt eine Anämie mit einem Hämoglobinwert von 8,6 g/dl sowie eine starke Erhöhung der Granulozytenzahl. Der Patient hat Fieber und einen Puls von 137 Schlägen pro Minute.
Zunächst haben die Ärzte keine Erklärung für die Beschwerden des Patienten. Da sie befürchten, er könne eine Sepsis erleiden, führen sie weitere Untersuchungen durch und kommen in einer CT der Ursache für die schließlich auf den Grund. Der Mann hat einen massiven linksseitigen Leistenbruch, durch den sich ein Teil des Kolons und des zugehörigen Mesenteriums wölbt. Hierdurch hat sich ein großer subkutaner Abszess gebildet.
Die Mediziner stellen außerdem eine massive Hydrozele im linken Hemiskrotum fest sowie eine umfangreiche Verdickung der Hodensackwand und Weichteilulzerationen im linken hinteren Teil des Skrotums. Aufgrund einer Verlängerung des linken Harnleiters in die Hernie leidet der Patient an einer schweren linksseitigen Hydronephrose und einer Hydroureter. Zudem zeigt sich eine umfangreiche bilaterale inguinale Adenopathie. Die Ärzte stellen schließlich die Diagnose Fournier-Gangrän.
Da der Zustand des Patienten sich zunehmend verschlechtert, führen sie eine Notoperation durch. Intraoperativ zeigt sich ein großer Abszess mit nekrotischem Gewebe und Fistelbildung in Richtung Leistenregion. Trotz einiger Schwierigkeiten gelingt es den Ärzten während der OP einen Blasenkatheter zu legen. Der pathologische Befund der Skrotalhaut ergibt eine ausgedehnte akute, dermale Entzündung und Nekrosen, die sich bereits verflüssigt haben.
Nach der Operation wird der Patient über mehrere Tage mit intravenösen Antibiotikagaben behandelt, doch die Verbandswechsel und das angelegte Wundvakuum erweisen sich als zu schmerzhaft, so dass die Mediziner eine multidisziplinäre Weiterbehandlung beschließen. Sie operieren die Leistenhernie und ergänzen sie mit einem biologischen Netz. Der Patient unterzieht sich einer Skrotektomie und einer linksseitigen Hydrozelexzision. Die Hydrozele ist etwa 3,35 kg schwer und 30,2 x 24,4 x 13,1 cm groß.
Am achten Tag seines stationären Aufenthaltes wird der Mann erneut operiert. Er erhält ein Hauttransplantat mit geteilter Dicke für den Penis und der Damm wird verschlossen. Zwei Tage später kann er in eine Rehaklinik verlegt werden. Als er weitere vier Wochen später erneut im Krankenhaus vorstellig wird, heilen die Wunden gut und mit einem zufriedenstellenden kosmetischen und funktionellen Ergebnis.Quelle und Casereport-Bilder: © KatherineDowd / Urology Case Reports
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