Gesunde Patienten und solche mit nicht infektiösen Erkrankungen wie Diabetes oder Krebs leben deutlich länger, wenn ihre Schilddrüsenwerte im niedrigen Normbereich sind, berichten Forscher. Sie fordern jetzt, Referenzbereiche zu überdenken.
Starke Variationen der Schilddrüsenfunktion sind bekanntlich mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten und Todesfälle verbunden. Welchen Einfluss geringfügige Schwankungen bei gesunden Menschen sowie bei Patienten mit nicht übertragbaren Krankheiten haben, war bislang aber unklar. Dieser Frage widmete sich jetzt Arjola Bano vom Erasmus Medical Center Rotterdam.
Daten kamen aus der Rotterdam Study, einer prospektiven populationsbasierten Kohorte. Bano wertete Daten von 7.644 Teilnehmern ohne bekannte Schilddrüsenerkrankung aus. Ihre Werte an Thyrotropin (TSH) bzw. an freiem T4 (FT4) bewegten sich innerhalb der Normbereiche. Als nicht übertragbare Leiden definierten die Forscher Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes oder Krebs.
Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 64,5 Jahren, 52,3 % waren Frauen. Innerhalb des medianen Follow-up von 8 Jahren traten 1.396 nicht übertragbare Erkrankungen neu auf und es kam zu 1.422 Todesfällen.
Bei der Auswertung teilte Bano seine Probanden anhand ihres Schilddrüsenwerte in 3 Gruppen ein. Wohlgemerkt: Alle Parameter bewegten sich im Normalbereich. Im Vergleich zu Personen im niedrigsten TSH-Drittel lebten Männer und Frauen im höchsten TSH-Drittel ohne Grunderkrankungen 1,5 Jahre länger. Mit nicht übertragbaren Leiden waren es 1,4 bzw. 1,3 Jahre.
Gemessen an Studienteilnehmern im niedrigsten FT4-Drittel betrug der Unterschied der Lebenserwartung im oberen Drittel -3,7 Jahre/-3,3 Jahre ohne Grunderkrankungen. Bei nicht übertragbaren Krankheiten waren es -1,8 Jahre/-2,0 Jahre.
„In dieser Studie haben wir festgestellt, dass Menschen mit einer niedrigen normalen Schilddrüsenfunktion, also im oberen Drittel des TSH- und im unteren Drittel des FT4-Referenzbereichs, vermutlich mehr Jahre mit und ohne nicht übertragbare Krankheiten leben“, schreibt Bano. „Unsere Ergebnisse unterstützen eine Neubewertung der aktuellen Referenzbereiche der Schilddrüsenfunktion.“
Eine Limitation ist das Design als populationsbasierte Kohorte. Die Forscher sehen Assoziationen, aber keine Kausalitäten, und können Störgrößen nicht vollständig ausschließen.
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Bildquelle: Jonas Verstuyft, Unsplash