Als relativ neue Wirkstoffklasse verstärken SGLT2-Inhibitoren die Ausscheidung von Glukose über unsere Nieren. Nachdem mehrere Ketoazidosen bei Typ-2-Diabetikern aufgetreten sind, warnt die FDA jetzt Apotheker und Ärzte.
Eine metabolische Azidose (Ketoazidose) tritt als häufige Komplikation des Diabetes mellitus auf. Ausschlaggebend ist absoluter Insulinmangel, wie er bei Typ-1-Diabetes auftritt. Dieser führt über Regelkreise letztlich zur Anreicherung verschiedener Ketonkörper im Blut. Patienten leiden an starkem Durst, Übelkeit, Polyurie, Schwäche und Bewusstseinstrübungen. Unbehandelt kann der Tod eintreten. Typ-2-Diabetes geht mit Insulinresistenz einher; das Peptidhormon liegt eher in zu hoher Konzentration vor. Ärzte verordnen mitunter SGLT2-Inhibitoren. Sie hemmen die Rückgewinnung von Glukose in unseren Nieren. Warum diese Pharmaka in manchen Fällen zur Ketoazidose führen, erschien zunächst rätselhaft.
Nach ersten Hinweisen im März machten sich Arzneimittelexperten der US Food and Drug Administration auf die Suche. Ihre Vermutung: Erhalten vielleicht Menschen mit Typ-1-Diabetes SGLT2-Inhibitoren off label? Diese Spur verlief im Sande – alle dokumentierten Fälle traten bei Typ-2-Diabetikern auf. Als weitere Besonderheit erhöhten sich Blutzuckerwerte während der Stoffwechselschieflage. Auch das war eher ungewöhnlich. Schließlich herrscht in Zellen bei Ketoazidose Energiemangel.
Auf Basis dieser Beobachtungen beschreibt Julio Rosenstock vom Dallas Diabetes and Endocrine Center eine sogenannte „euglykämische“ Ketoazidose. Er sieht den Verlust von Glukose, etwa durch SGLT2-Inhibitoren, als ausschlaggebenden Faktor. Unser Stoffwechsel antwortet, indem er Energiereserven mobilisiert. Glucagon wird freigesetzt, und die Lipolyse beziehungsweise die β-Oxidation laufen auf Hochtouren. Schließlich entstehen Ketonkörper. Durch die Übelkeit essen oder trinken Patienten kaum noch etwas – und der Teufelskreislauf nimmt seinen Gang. Jetzt rät die FDA Ärzten und Apothekern, Patienten besser zu beraten. Typ-2-Diabetiker sollten Vorboten einer Ketoazidose selbst erkennen und rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, schreiben Behördenvertreter.
Gleichzeitig warnen FDA-Experten vor schweren Harnwegsinfekten unter SGLT2-Inhibitoren. Glukose beschleunigt als Energiequelle wahrscheinlich das Wachstum von Bakterien im Urogenitaltrakt. Momentan liegen nur 19 Einzelfallberichte vor. Aufgrund des schweren Verlaufs entschloss man sich jetzt doch zur Kommunikation. Alle Betroffenen mussten stationär behandelt werden. Bei zwei Patienten entschieden sich Ärzte zur Dialyse.