Die ARD zeigt heute ein kritisches TV-Drama über die Pille. Laut Trailer geht es um die erhöhte Thrombosegefahr einiger Anti-Baby-Pillen. Ich werde es mir anschauen – ich rechne mit Rückfragen in der Praxis.
Ich weiß nicht, inwiefern es im Zeitalter von Netflix noch relevant ist: Heute Abend wird in der ARD ein kritisches TV-Drama über die Pille ausgestrahlt. Ich werde es mir anschauen, da ich mit Rückfragen in der Praxis rechne. Dem Trailer nach geht es um die erhöhte Thrombosegefahr bestimmter Pillen.
Ich fasse hier kurz zusammen, wie wir in der Praxis mit diesem Problem umgehen. Über die Pille an sich hatte ich ja bereits einen ausführlichen Artikel verfasst.
Jede Patientin im fertilen Lebensalter wird aktiv auf das Thema Antikonzeption angesprochen, um präventiv gegen Schwangerschaftskonflikte anzugehen. Die orale hormonelle Verhütung belegt immer noch Platz eins bei der Methodenwahl in unserer Praxis, wird aber immer häufiger kritisch hinterfragt.
Prinzipiell werden mit der Patientin alle möglichen Alternativen besprochen. Wir erleben eine Bandbreite zwischen sehr unsicherer Antikonzeption bis auf ein Insistieren auf ein bestimmtes Präparat, das aus medizinischer Sicht manchmal im konkreten Fall eher abzulehnen wäre.
Um Risikofaktoren möglichst vollständig zu erfassen, bekommt jede Patientin einen Fragebogen ausgehändigt, der wichtige Punkte, wie vorausgegangene Thrombosen, Nikotinabusus, BMI oder Migräne mit Aura, abfragt. Bei jedem erneuten Termin wird nach der Aktualität der Angaben gefragt. Mit Hilfe des Fragebogens und den Wünschen der Patientin erfolgt dann eine Beratung bezüglich der medizinisch vertretbaren Antikonzeptionsmethoden.
Entscheidet die Patientin sich für die Pille, wird als Erstverordnung bei Kombinationspräparaten immer ein Präparat mit Levonorgestrel (Pillen der 2. Generation) empfohlen, da es die geringste Thrombosegefahr hat. Bei anderen kombinierten Pillen (Pillen der 3. und 4. Generation) mit dem Gestagen Drospirenon verhalten wir uns sehr zurückhaltend, bei Desogestrel sind wir ebenfalls kritisch und klären, falls die Patientin diese Präparate dennoch wünscht, auf die erhöhte Thrombosegefahr auf.
Bei Problemen mit Akne verordnen wir auf Wunsch der Patientin Präparate mit Dienogest, erwähnen aber auch hier das eventuell erhöhte Thromboserisiko. Bei Chlormadinonacetat sind wir ebenfalls sehr zurückhaltend.
Bei Risikokonstellationen und Wunsch nach einer oralen Verhütungsmethode ist oftmals Mittel der Wahl eine Gestagen-only-Pille, die nach heutigem Wissenstand nahezu keine Auswirkung auf das Thromboserisiko hat. Problematisch wird es immer dann, wenn Patientinnen auf bestimmten Präparaten oder Methoden beharren, diese aber medizinisch nicht vertretbar sind. Wir arbeiten dann mit einer detaillierten Übersicht, die in gynäkologischen Fachkreisen sehr anerkannt ist. Ich gehe in Zweifelsfällen diese Liste mit der Patientin durch und konnte damit schon öfters einen guten Konsens erzielen.
Eine individuelle Antikonzeption für jede Patientin zu finden, ist eine zeitintensive und verantwortungsvolle Aufgabe. Die Pille wird zu Recht kritisch betrachtet, stellt aber bei medizinisch gut abgewogener Auswahl ein sicheres und von vielen Patientinnen bevorzugtes Verhütungsmittel dar.
Ich bin gespannt auf den Film.
„Was wir wussten – Risiko Pille“ läuft heute um 20:15 Uhr im Ersten.
Bildquelle: Sven Scheuermeier, Unsplash