Eine Kohortenstudie legt nah, dass zu viele Patienten mit venösen Thromboembolien Antikoagulantien erhalten. Die Studienautoren entwickelten dazu ein Modell, mit dem sich Rezidiv-Risiken vorhersagen lassen.
Rezidive treten bei der venösen Thromboembolien (VTE) häufig auf, das Risiko liegt bei etwa 3–5 Prozent pro Jahr. Deshalb raten Leitlinien zur Prophylaxe mit Antikoagulanzien, außer bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko. Doch sind Arzneistoffe wirklich immer notwendig? Dieser Frage gingen Forscher jetzt bei provozierten VTE (als Folge chirurgischer Eingriffe) und nicht provozierten VTE nach. Ihr Ziel war, ein Vorhersagemodell für Risiken zu entwickeln.
Die zugrunde gelegten Daten kamen aus der niederländischen MEGA-Studie (1994–2009; n = 3.750) bzw. der norwegischen Tromsø-Studie (1999–2016; n= 663) mit Patienten, die bereits eine VTE erlitten haben. Die Autoren um Jasmijn F. Timp vom Leiden University Medical Center testeten anhand der MEGA-Studie vier verschiedene Modelle, um VTE-Rezidive vorherzusagen:
Während der Nachbeobachtungszeit von 19.201 Personenjahren (Median: 5,7 Jahre) traten in der MEGA-Studie 507 Rezidive auf. Um die Qualität ihrer Modelle zu überprüfen, arbeiteten die Autoren mit dem sogenannten Kontingenzkoeffizienten. Dessen Wert liegt zwischen 0 (kein Zusammenhang zwischen den Untersuchungsmethoden und VTE-Rezidiven) und 1 (ein großer Zusammenhang).
Modell A zeigte die beste Leistung (0,73), während die anderen Modelle etwas schlechter abschnitten (B: 0,72, C: 0,70, D: 0,69). Die Ergebnisse für die Modelle C und D wurden erfolgreich anhand der Tromsø-Studie validiert. Grund für die Entscheidung waren fehlende Laborparameter, weshalb B und C ausgeschlossen wurden.
„Ein erheblicher Teil der Patienten mit einer ersten Venenthrombose wird derzeit in Bezug auf die Dauer der Antikoagulanzienbehandlung falsch eingestuft“, schreiben Timp und ihre Coautoren. „Das von uns vorgeschlagene Vorhersagemodell gilt für alle Patienten, ermöglicht eine differenzierte Risikostratifizierung und ist problemlos anwendbar.“ Damit könne eingegrenzt werden, wer eine Pharmakotherapie benötige – und wer nicht.
Als Stärken sehen Forscher die Größe ihrer Kohorte und das etablierte statistische Verfahren. Dem stehen aber mehrere Schwächen gegenüber: Bei der anschließenden Validierung standen unter anderem keine Laborparameter zur Verfügung.
Eine Einschränkung beider Kohorten besteht zudem darin, dass bei einem erheblichen Anteil der Patienten Labormessungen fehlten, die unterstellt wurden. Auch das Blutungsrisiko müsste in künftigen, prospektiven Studien berücksichtigt werden.
Zur Studie geht es hier.
Bildquelle: BrandeePember, Pixabay