Die erste Fern-OP in China war nur der Anfang: 5G bietet ungeahnte neue Möglichkeiten. In Berlin wurde darüber jetzt viel diskutiert.
Die XPOMET®, die vom 10.–11. Oktober in Berlin stattfand, bot auch in diesem Jahr wieder eine Plattform für das Gesundheitswesen der nächsten Generation. Herausstechend war die interessante Mischung aus Wissenschaft, Medizin und Technologie, die zum internationalen Austausch anregte. Wissenschaftler, Ärzte, Firmen der Healthcare-Branche und Start-Ups kamen in der Arena Berlin zusammen und diskutierten aktuelle, digitale Medizintrends.
Ein Thema, das immer mehr Aufmerksamkeit erlangt, durfte neben künstlicher Intiligenz und Robotics natürlich nicht fehlen: die Telemedizin-Operation in Echtzeit. Bis heute waren Fern-OPs mittels der Übertragung über drahtlose Netzwerke nicht möglich, da die Latenzzeit zwischen den Geräten an unterschiedlichen Standorten mehr als 2 Sekunden betrug. Viel zu lange bei einer überlebenswichtigen Operation, die durch eine solche Verzögerung fatal enden könnte. Aber die Übertragung via 5G, mit einer Latenzzeit von weniger als 2 Millisekunden zwischen zwei mehr als hunderte Kilometer entfernten Standorten, ändert alles.
Eine Operation, wie wir sie kennen, wird natürlich immer Best Practice bleiben. Für besondere Patientenfälle oder spezielle Situationen kann diese Variante der Zukunfts-OP aber die bestmögliche Behandlung gewährleisten, wenn der Operateur nicht im selben Krankenhaus operiert.
Bereits Anfang des Jahres ging ein Video aus China um die Welt: Ärzte führten darin die erste Fernoperation an einem Tier mittel 5G-Übertragung durch. Die Latenzzeit der Verbindung während des Eingriffes betrug nur 0,1 Sekunden zwischen dem Arzt, der den Roboter bediente, und dem Tier, das 50 km entfernt im OP lag.
Seither folgten bereits erste Fernoperationen an Patienten. In Peking wurde einem Parkinson-Patienten ein tiefliegendes Hirnstimulationsimplantat (DBS) von einem Chirurgen im 30.000 Kilometer entfernten Sanya eingesetzt. Das 5G-Netz ermöglichte dabei Mikrometergenauigkeit.
Im Vergleich zu einer 4G-Verbindung ist die Übertragung mit 5G hundert Mal schneller. Mit einer Kanalbreite von 400 MHz und einer maximalen Downloadrate von 20 GBit/s soll die minimale Latenz zwischen 0,5 und 4 Millisekunden liegen. Durch diese Verbesserung der Übertragung werden viele neue Einsatzbereiche geschaffen, für die der bisherige mobile Datenübertragungs-Standard nicht schnell genug war.
Vor allem Network Slicing spielt dabei eine besondere Rolle. Es ermöglicht den Parallelbetrieb von unterschiedlichen, anwendungsbezogenen Netzwerken. Das bedeutet für die Versorgung im Krankenhaus, dass die Internetversorgung der Mitarbeiter beispielsweise über ein anderes Netzwerk innerhalb der 5G-Versorgung läuft als die Übertragung wichtiger Eingriffe, wie einer Fern-OP. Somit kann ein viel höherer Sicherheitsstandard gewährleistet werden.
Dieser technische Fortschritt eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die medizinische Versorgung weltweit. Beispielsweise können große Kliniken kleinere Krankenhäuser, denen eine bestimmte fachliche Expertise fehlt oder denen es an personellen Möglichkeiten mangelt, unterstützen. Denkbar wären zukünftige Fernoperationen bei einer großflächigen Versorgung auch in Krisengebieten oder Ländern, bei denen die Gesundheitsversorgung begrenzt ist.
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