Wenn es um die Verabreichung von Medikamenten geht, dürfen Erzieher in Kitas mehr als Apotheker und PTA in der Offizin. Kann das gut gehen?
Erzieher in Kindertagesstätten dürfen Arzneimittel an chronisch kranke Kinder, die zum Beispiel an Asthma oder Epilepsie leiden, verabreichen. Doch hierzu gibt es keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen. Daher ist die Handhabung von Land zu Land und je nach Träger der Einrichtung unterschiedlich. Ich habe mit einer 28-jährigen Erzieherin aus München darüber gesprochen.
Sie erzählt, dass sich die Eltern betroffener Kinder im Vorfeld mit der Leitung der Kindertagesstätte absprechen müssen. Die Erzieher müssen dabei insbesondere darüber informiert werden, welche Krankheit beim Kind vorliegt und mit welchen Arzneimitteln es behandelt werde. Der Handlungsspielraum der Erzieher richte sich dabei nach dem Einverständnis der Eltern und der Bescheinigung des behandelnden Arztes.
„Grundsätzlich müssen uns die Einwilligung der Erziehungsberechtigten sowie ein aktuelles ärztliches Attest auf Deutsch vorliegen, aus dem Diagnose, Therapien und Dosierung hervorgehen. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dürfen wir bei Kindern keine Arzneimittel anwenden“, berichtet die Erzieherin.
Erste-Hilfe-Maßnahmen bei akuten Notfällen sind von dieser Regelung ausgenommen. Ansonsten ist der Ablauf sehr streng geregelt: „Noch nicht einmal analoge Fieberthermometer dürfen eingesetzt werden, lediglich batteriebetriebene Exemplare“, ergänzt die Erzieherin.
In der Apotheke sind korrekte Lagerung und Haltbarkeit wichtige Faktoren für die Wirksamkeit von Arzneimitteln. Wie sieht der Umgang in der Kita aus? „Bei der Lagerung der Medikamente achten wir darauf, dass das Verfallsdatum lesbar ist“, sagt die Münchnerin, die seit acht Jahren in einer staatlichen Einrichtung tätig ist. „Wenn sie kühl und trocken gelagert werden müssen, berücksichtigen wir dies ebenfalls.“ Arzneimittel dürften nur in der Originalverpackung gelagert und nur von unterwiesenen Mitarbeitern abgegeben werden, erzählt sie.
Qualität, Unbedenklichkeit, Wirksamkeit: Arzneimittel müssen gesetzlich jeder dieser Prüfungen standhalten. Für die Lagerung in den Apotheken sind dabei Schranken gesetzt, die der Hersteller durch Studien festlegt. Für Apothekeninhaber bedeutet das, dass die Temperatur in der Offizin unter 25 Grad sein muss und die Lagerhinweise eingehalten werden müssen.
Das pharmazeutische Personal ist durch seine Ausbildung darin geübt, Temperaturschwankungen zu erkennen, Studiendaten vom Hersteller einzufordern sowie bei Bedarf Gegenmaßnahmen einzuleiten oder zu entscheiden, ob das Arzneimittel noch abgegeben und angewendet werden darf. Allerdings sind Apotheker und PTA nicht dazu befugt, Medikamente bei Patienten zu applizieren und Wunden zu versorgen, da sie medizinisch nicht ausgebildet sind.
Im Rahmen der Arzneimittelapplikation durch pädagogische Fachkräfte könnte es natürlich passieren, dass Gesundheitsschäden beim Kind auftreten. Beispielsweise dann, wenn die Erzieherin das Mittel falsch dosiert, andere Fehler in der Anwendung macht oder wenn die Schäden auf eine Wechselwirkung zurückzuführen sind.
Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, sind während des Aufenthalts in dieser Einrichtung gegen Unfälle gesetzlich versichert. Sofern ein Kind durch die Gabe eines Medikaments einen Gesundheitsschaden erleidet, greift dieser Versicherungsschutz – vorausgesetzt, der Schaden wurde nicht vorsätzlich herbeigeführt.
Obwohl Erzieher nicht für die Arzneimittelgabe geschult werden, scheint der Nutzen das Risiko zu überwiegen, da Fälle von körperlichen Folgen für Kinder mir persönlich nicht bekannt sind oder medial bekannt wurden. Zudem können Fehldosierungen immer auftreten, unabhängig vom Ort des Geschehens (Kita, Krankenhaus, Apotheke, Arztpraxis, beim Patienten Zuhause etc.).
Es sollte daher nichts dagegen sprechen, dass lebenswichtige Medikamente im Notfall auch von dieser Berufsgruppe verabreicht werden dürfen, zumal Eltern oftmals auch keinen beruflichen medizinischen Hintergrund haben.
Was ich mir aber als Apothekerin wünsche: Apotheker sollten die Erzieher in der Kindertagesstätte zum Umgang mit Arzneimittlen schulen dürfen – wie es bei Seniorenwohnheimen gang und gäbe ist. Auch wenn es eher die Ausnahme ist, Medikamente bei Kindern zu applizieren: Von dem Erfahrungs- und Wissensschatz zur Handhabung, Haltbarkeit und Lagerung der Medikamente könnten alle Betroffenen nur profitieren.
Bildquelle: Cristina Gottardi /Unsplash