Das Keratin-Skelett spielt eine wichtige Rolle für diverse Funktionen der Haut. So steuert es zum Beispiel die Aktivität der Mitochondrien, die sich ohne Keratin in der Zelle verteilen, statt sich um den Zellkern herum zu versammeln. Trockene Haut und Entzündungen sind die Folgen.
Ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Zellbiologen Prof. Thomas M. Magin von der Universität Leipzig hat neue Erkenntnisse über die Funktion von Keratinen für den Zusammenhalt der Hautzellen gewonnen. Sie fanden heraus, dass bestimmte Keratine wichtige Bausteine der Hautbarriere sind. Außerdem werden sie gebraucht, um den geordneten Einbau der anderen Bausteine in die Haut zu gewährleisten. „Die Haut reagiert auf den Keratinverlust mit dem Versuch, die Barriere um jeden Preis über Reservebausteine zu reparieren“, erklärt Magin.
Wie die Untersuchungen zeigten, geht das aber ohne ein Keratin-Zellskelett nicht. Folgen sind ein starker Wasserverlust sowie eine entzündliche Haut. Die Wissenschaftler konnten die fundamentale Bedeutung des Keratin-Zellskeletts für die Widerstandsfähigkeit der Haut und die Aktivität von Mitochondrien nachweisen. Mit einem genetischen Verfahren wurden Keratine aus der Haut von Mäusen entfernt und die Folgen analysiert. Dabei kamen zwei wichtige Defekte ans Tageslicht: Zum einen waren die Zusammensetzung und Funktion der Hautbarriere nachhaltig gestört. Zum anderen wird die richtige Verteilung und die Aktivität von Mitochondrien von Keratinen gesteuert. Diese wichtige Funktion war bisher nicht bekannt. Bei der Analyse von hornbildenden Zellen mit Keratindefekten war den Forschern aufgefallen, dass sich die Mitochondrien als Folge dieses Defektes nicht mehr um den Zellkern herum, sondern durch die gesamte Zelle verteilen. Außerdem waren diese Mitochondrien aktiver, zeigten eine andere Zusammensetzung und verbrauchten deutlich mehr Sauerstoff. „Dazu passt, dass die Haarbildung in der Haut der Mäuse beeinträchtigt war – ein Prozess, von dem man seit Kurzem weiß, dass daran auch Mitochondrien mitwirken“, erklärt Magin.
Diese Neuerungen liefern auch Informationen zum Verständnis der seltenen, durch einen Gendefekt verursachten Hautkrankheit Epidermolysis bullosa simplex, von der in Deutschland etwa 2.000 bis 3.000 Familien betroffen sind. Mutationen in Keratin-Genen verursachen diese schwere Erkrankung, bei der die Haut schon bei geringer mechanischer Belastung schmerzende Blasen bildet. Als Folge dieser Mutationen kollabiert das Maschenwerk des Zellskeletts. „Weil man bisher nicht verstanden hat, wie Mutationen in Keratin-Genen zu den vielfältigen Defekten führen, gibt es für Epidermolysis bullosa simplex und verwandte Erkrankungen keine Therapie“, sagt Magin. „Sie [Die Haut] ist ein wunderbares Forschungsobjekt, um das Wechselspiel von Genen, Umweltfaktoren und mechanischen Kräften zu studieren. Bei keinem anderen Organ wird das Wirken und Versagen von Genen so sichtbar wie bei der Haut. Außerdem lassen sich [ ] Keratinozyten leicht gewinnen, um zellbiologische Vorgänge auf molekularer Ebene zu untersuchen. Schließlich sind viele Erkenntnisse aus der Haut auf weniger gut zugängliche Organe übertragbar“, sagt Magin. Durch Wechselwirkung mit Desmosomen und anderen Proteinen bildet es ein Maschenwerk, das maßgeblich zur Stabilität der Haut beiträgt. „Unsere Ergebnisse geben Anlass zu der Vermutung, dass Veränderungen im Keratin-Zellskelett Risikofaktoren für entzündliche Erkrankungen sein könnten“, berichtet der Biologe. Originalpublikation: A keratin scaffold regulates epidermal barrier formation, mitochondrial lipid composition, and activity Vinod Kumar et al.; The Journal of Cell Biology, doi: 10.1083/jcb.201404147; 2015