Bei der Diagnose von Prostatakarzinomen arbeiten Ärzte mit MRT-Bildern. Doch zur Auswertung der Bilder braucht es erfahrene Radiologen. Kann eine künstliche Intelligenz womöglich besser diagnostizieren?
Bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom hält die Magnetresonanztomographie (MRT) zunehmend Einzug in den diagnostischen Prozess. Mit dem bildgebenden Verfahren können Ärzte verdächtige Gewebebereiche identifizieren und anschließend mit Hilfe einer gezielten Biopsie näher untersuchen. Außerdem kann die MRT dabei helfen, jene Patienten zu identifizieren, die keinen klinisch bedeutsamen Tumor haben – und ihnen so unnötige Biopsien ersparen.
Doch zur Beurteilung der komplexen MRT-Bilder braucht man erfahrene Radiologen. „Es besteht daher dringender Bedarf, die Effizienz bei der Interpretation der Bilder zu steigern“, sagt David Bonekamp, Radiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum.
Mit dem Ziel, das Potenzial der künstlichen Intelligenz zur Unterstützung der Radiologen bei der klinischen Befundung von MRT-Bildern zu nutzen, haben sich Radiologen und Informatiker zusammengetan. Das Team konnte nun in einer Studie zeigen, dass die Erkennungsrate von verdächtigen MRT-Befunden durch künstliche Intelligenz vergleichbar mit der Erkennungsrate der Radiologen ist.
Das Verfahren basiert auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk, das aus vielen Bildern lernt, woran verdächtige Veränderungen erkannt werden können. Dieses Netzwerk wurde zunächst an den MRT-Aufnahmen einer Gruppe von 250 Patienten trainiert. Anschließend evaluierten die Forscher das fertige Modell in einer unabhängigen Gruppe von 62 Patienten, die es während des Trainings nicht gesehen hatte.
Das Ergebnis: Die Erkennungsrate von klinisch relevantem Prostatakrebs lag für die künstliche Intelligenz bei 92 Prozent, während die Radiologen 88 Prozent der Patienten erkannten, die an einem klinisch relevanten Tumor erkrankt waren. Von den untersuchten Männern, die tatsächlich krebsfrei waren oder deren Tumoren nicht als behandlungsbedürftig galten, identifizierte die künstliche Intelligenz 47 Prozent korrekt, die Radiologen 50 Prozent. Die Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.
Automatisch erkannte verdächtige Herde zeigten eine gute Übereinstimmung mit klinischen Läsionen, die die Radiologen definiert hatten. Weiterhin stieg die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines klinisch relevanten Karzinoms an, wenn sowohl Radiologen als auch das künstliche neuronale Netzwerk einen verdächtigen Befund als suspekt diagnostizierten.
„Die Ergebnisse zeigen uns, dass die künstliche Intelligenz für die klinische Diagnostik großes Potenzial bereithält“, sagt Bonekamp. In einem nächsten Schritt wollen die Heidelberger Forscher und Ärzte diese und ähnliche Methoden weiterentwickeln und in größeren Gruppen von Patienten validieren, sowie in einer prospektiven Studie erproben, um den Einsatz im klinischen Alltag zu evaluieren.
Der Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums
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