Ja, auch wenn der Kunde einfach nur ein Schmerzmittel haben will, frage ich nach den anderen Medikamenten, die er vielleicht noch einnimmt. Die Gründe dafür habe ich in dieser Liste zusammengestellt.
Ein älterer Mann betritt die Apotheke. Er reibt sich das Ellbogengelenk und fragt die Apothekerin nach einem günstigen Schmerzmittel. Sie erkundigt sich danach, was er sonst noch an Medikamenten einnimmt. Der Mann reagiert genervt: „Meine Güte, Fräulein – ich will nur ein einfaches Schmerzmittel, da müssen sie doch nicht wissen, was ich sonst noch alles einnehme!“ Die Apothekerin bleibt freundlich und erklärt ihm, dass es nicht ganz so einfach ist.
Schmerzen sind sicher einer der Hauptgründe, warum Kunden in die Apotheke kommen. Sie können das ganze Jahr über auftreten und haben keine Saison. Doch der ein oder andere verkennt die Gefahr, die durch Wechselwirkungen zwischen den verlangten Schmerzmitteln und einer bestehenden Dauermedikation entstehen kann. Hier ist das Beratungsgespräch unerlässlich. Es gibt ausreichend Literatur, die als Nachschlagewerk dienen kann. Ein Einblick:
Das Nichtsteroidale Antirheumatikum (NSAR) steckt nicht nur in der berühmten Aspirin-Tablette, sondern auch als fieber- und schmerzlindernder Zusatz in zahlreichen OTC-Medikamenten gegen grippale Infekte. ASS wird dadurch, dass sie schon über 100 Jahre auf dem Markt ist, von vielen Menschen als harmlos betrachtet. Nur wenige Laien wissen um ihre zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln.
Ibuprofen zeigt ähnliche Wechselwirkungen wie ASS. Vor einer Empfehlung sollten Arzneimittel, die folgende Wirkstoffe enthalten, abgefragt werden:
Paracetamol hat bekanntlich lebertoxische Eigenschaften. Wenn der Abbau des Wirkstoffes verzögert wird – beispielsweise weil der Körper mit der Verstoffwechselung anderer Wirkstoffe beschäftigt ist – kann das zu Problemen führen. Hiervon betroffen sind unter anderem:
Daneben gibt es Wirkstoffe, die beim Abbau von Paracetamol in der Leber Schwierigkeiten bereiten. Bei gleichzeitiger Einnahme entsteht vermehrt das giftige Stoffwechselprodukt N-Acetyl-p-benzochinonimin (NAPQI). Dieses wird üblicherweise von Glutathion neutralisiert und über die Nieren ausgeschieden, doch steht dieses Tripeptid in der Leber nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. NAPQI reagiert daher mit den Leberzellen, was diese irreversibel schädigen kann. Zu diesen Wirkstoffen gehören:
Um die Liste der gängigen apothekenpflichtigen Schmerzmittel abzurunden, seien an dieser Stelle auch Triptane erwähnt, die bei Migräne empfohlen werden. Auch diese können Wechselwirkungen mit verschreibungspflichtigen Wirkstoffen haben:
Dass es grundsätzlich in der Bevölkerung einen hohen Anteil an Menschen gibt, die täglich mehrere verschiedene Medikamente einnehmen, ist Apothekern und Ärzten nicht neu. Erindrücklich zeigt das jetzt der Arzneimittelreport 2018 der BARMER-Krankenkasse.
Er verdeutlicht: Jeder fünfte Bundesbürger, der bei dieser Krankenkasse versichert ist, nimmt täglich fünf oder mehr Medikamente ein. Mit der Beurteilung der Wechselwirkungen tun sich bereits die verordnenden Ärzte schwer – wie soll da der Patient als Laie verstehen, wie gefährlich es sein kann, zur Grundmedikation noch ein apothekenpflichtiges Schmerzmittel hinzuzufügen?
Daher müssen Apothekenmitarbeiter aktiv die bestehende Medikation erfragen und die wichtigsten Wechselwirkungen der von ihnen empfohlenen Schmerzmittel kennen. Meine obige Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, soll jedoch die am häufigsten auftretenden Probleme aufzeigen.
Bildquelle: Jake Ingle, Unsplash