Kürzlich wurde in Bayern ein weiterer Meningitis-Fall gemeldet. Ein 13-jähriges Mädchen hat sich höchstwahrscheinlich mit dem Erreger des Serotyps C infiziert.
Seit September tauchen immer wieder Berichte auf, in denen es um Meningokokken-Meningitis geht. Im Landkreis Ebersberg in Oberbayern erkrankten seit März 2019 vier Menschen an schweren Verlaufsformen einer Meningokokken-Sepsis, berichtet das Landsratamt Ebersberg in einer Pressemitteilung. Im März erkrankten zwei 19-jährige Frauen, im Mai eine 57-Jährige, im August traf es einen 21-jährigen Mann. In Deutschland sind die Erreger der Meningokokken-Meningitis meist (etwa 70 %) vom Serotyp B. In den jüngsten Fällen wurde allerdings immer der gleiche Meningokokken-C-Erregerstamm nachgewiesen.
Vor wenigen Tagen kam es zu einer weiteren Infektion, wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet. Diesmal betrifft es den Nachbarlandkreis München: Ein 13-jähriges Mädchen ist ebenfalls an Meningitis erkrankt. Mit „sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ handelt es sich auch hier um den selben Erreger des Serotyps C, wird Gerhard Schmid, der Leiter des Gesundheitsamts im Landkreis München, zitiert.
Dem Mädchen gehe es mittlerweile besser, ein Zusammenhang zu den Ebersberg-Fällen bestehe höchstwahrscheinlich nicht. Es konnten auch nach intensiver Recherche keine „infektionsrelevanten Kontakte“ nachgewiesen werden, heißt es weiter.
Zu Beginn lässt sich die Hirnhautentzündung nicht von einer harmlosen Grippe unterscheiden. Innerhalb weniger Stunden kann sie jedoch aus voller Gesundheit zum Tod führen. Die Neisseria meningitidis ist in Deutschland meldepflichtig, dasselbe gilt für die Meningokokken-Sepsis. Meningokokken sind gramnegative kugelförmige Bakterien, die via Tröpfcheninfektion übertragen werden. Etwa 15 Prozent der Menschen tragen hierzulande Meningokokken im Nasenrachenraum, ohne krank zu sein, bei Jugendlichen ist die Rate tendenziell erhöht. Die Infektion kann auch am nicht erkrankten Träger erfolgen.
In der Regel beträgt die Inkubationszeit zwischen zwei und zehn Tage. Der Nachweis erfolgt kulturell aus Liquor oder Blutkulturen oder mit Hilfe eines Latexpartikel-Agglutinationstests. In der Hälfte der Fälle verläuft die Meningokokken-Meningitis perakut, in etwa einem Drittel der Fälle tritt eine Sepsis auf.
Seit Ende 2013 steht ein Impfstoff gegen Meningokokken C zur Verfügung. Sowohl das Gesundheitsamt Ebersberg als auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) rufen zu Impfkontrollen auf und weisen auf ihre kostenlose Impfaktion für 15- bis 24-Jährige hin. „Die Impfquoten sind zwar in den vergangenen Jahren erfreulicherweise angestiegen. Aber es sollten alle Kinder eine Impfung gegen Meningokokken C erhalten. Die Impfbuchkontrollen bei der Schuleingangsuntersuchung für das Schuljahr 2017/2018 haben ergeben, dass die Impfquote gegen Meningokokken C in Bayern seinerzeit bei 85,1 Prozent lag“, sagt der LGL-Präsident.
Seit 2006 wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C für alle Kinder möglichst früh im 2. Lebensjahr empfohlen.
Bei den Erregern der Serogruppe B sieht es anders aus: „Da die Krankheitslast hierzulande weiterhin sehr niedrig ist, wird die Impfung gegen Meningokokken B derzeit nicht standardmäßig empfohlen“, heißt es seitens STIKO. Die Bewertung schließt beide in Deutschland seit 2013 bzw. 2017 verfügbaren Meningokokken-B-Impfstoffe ein.
Dass die Impfkommission hier keine Empfehlung ausspricht, wird in den Medien immer wieder kritisch hinterfragt. Auch in der DocCheck-Community wurde des Öfteren über die MenB-Impfung diskutiert. Vor einer Meningokokken-B-Infektion, die tödlich endet, „haben wir Kinderärzte alle, alle, alle Angst“, schrieb etwa der Blogger Kinderdoc in einem Beitrag. „Für mich ist die fehlende Stiko-Empfehlung eines zugelassenen Impfstoffs gegen MenB unsozial und benachteiligt die gesetzlich Versicherten und darunter besonders die Armen, die nicht mindestens 300 Euro (je nach Alter 2-4 Injektionen) pro Kind aufbringen können. Ich kläre jeden auf, empfehle die Schutzimpfung gegen MenB, gebe die Impfaufklärung des „Grünen Kreuzes“ mit und habe meine Kinder geimpft. Es sollte sich niemand des Geldes wegen dagegen entscheiden müssen“, kommentierte eine Pädiaterin.
Warum man sich hier zurückhält, wenn Meningokokken der Serogruppe B doch weit häufiger sind als Erreger der Serogruppe C? Aktuell sei noch nicht vollständig geklärt, wie effektiv und wie lange der Impfschutz tatsächlich wirkt, lautet die Begründung der STIKO. Auch die Frage, inwiefern der Impfstoff sich auf das Meningokokken-Trägertum auswirkt, sei noch unbeantwortet. Vor der Empfehlung einer Meningokokken-B-Standardimpfung will die Kommission deshalb zunächst weitere Daten abwarten.
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