Die Landesgruppe Baden-Württemberg des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, appelliert an Gesundheitsminister Spahn, Pauschalierung und Budgetierung des Honorars bei den Praxisärzten endlich abzuschaffen. Ein Gastbeitrag von Dr. Brigitte Szaszi.
Viele niedergelassene Ärzte bei uns in Baden-Württemberg (und nicht nur dort) haben die Nase voll. Das Honorarsystem und immer neue Gesetze von Minister Spahn sorgen für Frust. Aber die vergangenen Monate haben deutlich gezeigt: Die Ärzteschaft hat mit ihren politischen Forderungen nur dann Erfolg, wenn sie geeint auftritt, nachvollziehbar argumentiert und Lösungen in petto hat, die auch den Patienten nutzen und sich dadurch dem Wähler verkaufen lassen.
Darum lautet unsere Botschaft im Namen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte:
Herr Minister Spahn, ermöglichen Sie eine effektivere, bessere und produktivere Patientenversorgung: Schaffen Sie Pauschalierung und Budgetierung des Honorars bei den Praxisärzten endlich ab!
Vergüten Sie den Ärzten die Leistungen, die sie in sechs Jahren Studium und mindestens fünf Jahren Weiterbildung zum Facharzt erlernt haben. Diese können sie zurzeit aber an ihren Patienten großteils nicht erbringen, weil Budgets und Pauschalen zu eng bemessen sind. Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass Ärzte, die diese Begrenzungen überschreiten, notwendige Leistungen selbst bezahlen müssen. Pauschalen sind leistungsfeindlich, weil sie weder den Patienten noch dem unterschiedlichen Leistungsspektrum der Arztpraxen gerecht werden können.
Das führt nicht nur zu Frust bei den Ärzten, die gerne ihr volles Leistungsspektrum zum Wohle ihrer Patienten einsetzen würden. Es führt auch dazu, dass sie im Laufe der Jahre ihr Knowhow verlieren, wenn sie ihre teuer erworbenen Kenntnisse nicht mehr anwenden können. Bei Budgetierung und Pauschalierung werden dem Arzt im Fall einer Überschreitung nicht einmal mehr die Praxiskosten vergütet – von der eigenen Arbeitsleistung ganz zu schweigen.
Die Leidtragenden sind letzten Endes auch die Patienten und – wegen der Milliardenkosten durch unnötig längeren Fehlzeiten bei der Arbeit – unsere gesamte Volkswirtschaft.
Durch diese Fehlsteuerung im System wird dem Hausarzt z. B. verwehrt, seine Facharztkenntnisse voll einzubringen. Er überweist deshalb den Patienten lieber weiter und mutiert so zum „Facharzt für Händedruck und Überweisung“. Die Folge: längere Krankheitszeiten und unnötige Wartezeiten beim Spezialisten.
Deshalb: weg mit Pauschalen und Budgets! Honorieren Sie die Ärzte nicht länger über Pauschalen, sondern nur noch nach den Leistungen, die sie erbracht haben. Wenn der Arzt an der Basis seine Kenntnisse einsetzen kann, ohne Angst zu haben, bei den Kosten drauflegen zu müssen, kann er seinen Patienten auf Facharztniveau häufig selbst umfassend behandeln. Er kann so oft auf eine Überweisung verzichten. Das spart Kosten!
Wenn Sie, Herr Minister Spahn, dann auch dafür sorgen, dass jeder Patient eine Rechnung erhält, in einer Gebührenordnung, die er auch verstehen und kontrollieren kann, hätten Sie einen großen Schritt getan, weg von der „Black Box“ Gesundheitswesen hin zu mehr Transparenz.
Die Ärzteschaft hat nichts zu verbergen!
Der Verband der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund) hat seinen Sitz in Berlin, ist jedoch mit eigenen Landesverbänden in den Bundesländern vertreten. Vorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg ist Dr. Brigitte Szaszi, niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin. Erfahren Sie, wie Sie sich berufspolitisch für die gemeinsamen Interessen der Haus- und Fachärzte engagieren können.