Lange wurde darüber gestritten, ob man den Nutri-Score einführen soll oder nicht. Jetzt gibt es ein Ergebnis. Die Sieger: Die Verbraucher. Der Verlierer: Die Industrie.
Wie seit kurzem feststeht, gibt es von Ernährungsministerin Julia Klöckner nun ein Ja zum Nutri-Score in Deutschland. Für Verbraucher bedeutet das mehr Transparenz. Weniger Freude mit dieser Erneuerung dürfte die Lebensmittelindustrie haben. Der Nutri-Score wurde von den französischen Gesundheitsbehörden ins Leben gerufen. Seit 2017 gibt es diesen Score, der im Prinzip eine fünfstufige Farb- und Buchstabenskala ist, die auf einem Blick die Nährwertqualität von Lebensmitteln aufschlüsselt. Dadurch soll es Konsumenten leichter fallen, gesunde von ungesunden Produkten zu unterscheiden.
Viele haben für die Einführung des Scores gekämpft, dazu gehören der Europäische Verbraucherverband oder auch die Organisation Foodwatch. Auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung (BMEL) ist nun nachzulesen, wie es zu diesem Schritt kam und wie es weitergehen soll.
Im Rahmen einer repräsentativen Verbraucherforschung ließ das BMEL untersuchen, welches Modell von Verbrauchern am besten wahrgenommen und verstanden wird. Verglichen wurden der französische Nutri-Score, das MRI-Modell des Max Rubner-Instituts, das Keyhole-Modell der Swedish National Food Agency und das BLL-Modell vom Lebensmittelverband Deutschland. Ersterer setzte sich mit deutlichem Abstand durch. Im Laufe des kommenden Jahres soll der Score in Deutschland eingeführt werden. „Wir brauchen eine Nährwertkennzeichnung, die für Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar und verständlich ist“, wird Klöckner zitiert.
Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) äußerte sich in einem Statement positiv zur Entscheidung:
„Wir begrüßen die Einführung des Nutri-Scores sehr. Die Umfrage des Ministeriums bestätigt eindrücklich die zahlreichen wissenschaftlichen Nachweise zur Wirksamkeit des Labels. Mit der Entscheidung für den Nutri-Score leistet Frau Klöckner direkt einen Beitrag, eine gesunde Ernährung zu fördern. Wie die Ministerin aber selbst betont hat, kann der Nutri-Score nur einer von mehreren Bausteinen sein. Notwendig sind weitere Schritte, unter anderem ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt“, erklärt Geschäftsführerin Barbara Bitzer.
Ob der Nutri-Score nun alle Unklarheiten bei Verbrauchern lösen kann? Wohl eher nicht. Der Score alleine informiert nicht vollständig über die Qualität und Inhaltsstoffe eines Lebensmittels. Ein Beispiel: Um den Nutri-Score eines Produkts zu berechnen, werden Vitamine, Mineralstoffe, ungesättigte Fettsäuren usw. berücksichtigt, doch für den Konsumenten ist nicht ersichtlich, wie die letztendliche Bewertung zustande kam. Er sieht nur ein grünes B oder ein rotes D. Genau so verhält es sich bei Zusatzstoffen, diese muss der Verbraucher selbst in der Zutatenliste nachlesen.
Deshalb kann es nach wie vor zu Missverständnissen oder unnachvollziehbaren Empfehlungen kommen. Dies veranschaulichte die Bild heute in einem Tweet, in dem kritisiert wird, dass der Nutri-Score eine Tiefkühlpizza gesünder einstuft als ein Vitamingetränk. Auf Interpretationsschwierigkeiten weist unter anderem auch die Verbraucherzentrale Hamburg hin, betont aber: „Methoden, die Dinge vereinfachen, haben naturgemäß auch Lücken. Daran kann man nichts ändern. […] Ohne Vereinfachung kann eine Bewertung auf einen Blick nicht gelingen.“
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