Säfte aus der Apotheke dürfen weiterhin mit Begriffen wie „Lernstark“ sowie „Mit Eisen und Vitamin B-Komplex zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ beworben werden. Richter sahen hier keinen Widerspruch zur Health-Claims-Verordnung.
Verstößt der „Rotbäckchen Lernstark“-Saft gegen geltendes Recht? Diese Frage mussten jetzt oberste Richter klären. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) monierte, Angaben wie „Lernstark“ beziehungsweise „Mit Eisen und Vitamin B-Komplex zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ stellten Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung EG Nr. 1924/2006 dar. Seit Ende 2012 dürfen Lebensmittelhersteller nur noch mit gesundheitsbezogenen Angaben werben, falls ihre Produkte ein strenges Zulassungsverfahren durchlaufen haben.
Genau hier setzten vzbv-Juristen an - anfangs mit Erfolg. Sowohl das Landgericht (Az.: 16 O 172/12) als auch das Oberlandesgericht Koblenz (Az. 9 U 405/13) schlossen sich der Auffassung an, die Rotbäckchen-Werbung verstoße gegen europäisches Recht. Ziel sei, Verbraucher vor nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben zu schützen, die irreführend oder wissenschaftlich nicht bewiesen seien. An Gesundheitswerbung für Kinderprodukte stellt die Health-Claims-Verordnung besonders hohe Anforderungen. Aussagen sind nur in bestimmten Fällen möglich. Für Botschaften der Rotbäckchen Vertriebs-GmbH gäbe es eine solche Zulassung nicht, hieß es beim OLG.
Firmenvertretern blieb nur noch, Berufung einzulegen – mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof bewertet Angaben wie „Lernstark“ beziehungsweise „Mit Eisen und Vitamin B-Komplex zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ auf dem Etikett als zulässig (Az.: I ZR 222/13). Richter argumentierten mit Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Das Statement „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“ legitimiert bereits einen Teil der aufgedruckten Claims. Bei „Lernstark“ handele es sich um einen Verweis im Sinne von Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung. Dieser Passus sei zulässig, weil als Ergänzung „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“ folge. Einmal mehr zeigt sich der gewaltige Nachteil europäischer Verordnungen. Jede Fragestellung wird zur Einzelfallentscheidung vor Gericht.