Wegen Fieber und wiederkehrender Abszesse am Arm wird eine 24-jährige Krankenschwester in eine Klinik überwiesen. Zunächst sind die Ärzte ratlos. Das merkwürdige Verhalten der Patientin bringt sie auf die richtige Spur.
Eine junge Frau wird in eine Klinik überwiesen, weil sie monatelang unter wiederkehrenden Abszessen am linken Arm sowie Fieber leidet. Alles begann nach Operationen an der Schulter einige Zeit zuvor. Drei Monate bevor sie dann mit ihren Beschwerden im Krankenhaus vorstellig wird, traten wiederholt subkutane Abszesse am linken Unterarm an einer Stelle auf, an der ihr zuvor Blut entnommen wurde. Verschiedene Behandlungsversuche mit diversen Antibiotika schlugen fehl. Stattdessen verschlimmerte sich die Entzündung und die Patientin entwickelte eine Bakteriämie. Schließlich wurde eine Inzision durchgeführt und eine Drainage gelegt. Für die weitere Abklärung wurde die Patientin an die Klinik überwiesen, in der sie sich nun vorstellt.
Neben dem Unterarmabszess hat sie einen weiteren am Oberarm und leicht erhöhte Körpertemperatur. Die Laboruntersuchung ergibt bloß erhöhte Entzündungs- und Leberwerte. Bei der körperlichen Untersuchung können keine weiteren Entzündungsherde festgestellt werden und auch CT, MRT sowie eine Knochenmarkpunktion liefern keine Erklärung. Während in einem Wundabstrich verschiedene Bakterien nachgewiesen werden, die normalerweise im Speichel, Darm oder in der Vagina vorkommen, ist ein Erregertest im Blut negativ.
Die junge Frau erhält Antibiotika intravenös, worauf sich die Entzündung am Arm zunächst verbessert. Doch ganz plötzlich entwickelt die Patientin hohes Fieber und starke Schmerzen an der Entzündungsstelle. Eine notfallmäßige Inzision offenbart einen großen Eiterherd. In Blut- und Eiterkulturen wird ein weiterer Erreger nachgewiesen, sodass die behandelnden Mediziner die Antibiotika umstellen und eine hyperbare Sauerstofftherapie durchführen , wodurch sich der Zustand der Frau rasch bessert. Als die Symptome jedoch plötzlich erneut auftreten, machen die Ärzte eine merkwürde Beobachtung. Ihnen fällt auf, dass sich die Laune der Patientin immer dann bessert, wenn sich die Symptome verschlechtern und umgekehrt. Dies bringt sie schließlich auf die richtige Spur.
Aufgrund des merkwürdigen Krankheitsverlaufs vermuten die Ärzte eine psychiatrische Ursache und ziehen einen Facharzt hinzu. Gemeinsam führen die Mediziner ein Gespräch mit der Patientin und ihrer Familie. Die Schwester der jungen Frau findet schließlich Spritzen in der Handtasche der Patientin, von denen eine mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt ist. In dieser lassen sich Fäkalbakterien nachweisen, die mit den Bakterien aus dem Eiter genetisch identisch sind. Die Ärzte stellen die Diagnose Münchhausen-Syndrom und setzen die Behandlung der Abszesse erfolgreich fort, wobei die Patientin überwacht und fixiert wird.
Nach einem plötzlichen Suizidversuch drei Wochen später überweisen die Ärzte sie in eine psychiatrische Einrichtung. Dort gesteht die Frau schließlich, sich ihren eigenen Speichel und Wasser aus der Toilette mit einer Spritze in die Wunden injiziert zu haben. Sie berichtet davon, sich jedes Mal extrem einsam gefühlt zu haben, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Inzwischen hat sich ihr Zustand verbessert. Zwei Monate nach der stationären Aufnahme wird sie aus der Psychiatrie entlassen und ambulant weiter betreut.
Quelle: © Naoki Iwanaga / Journal of Medical Case Reports