Der Körper ist extrem effizient, wenn es darum geht, Fettspeicher anzulegen. Mikrobiologen ist es jetzt gelungen, diesen Mechanismus komplett zu blockieren. Ein Mangel an einem bestimmten Enzym im Fettgewebe schützte Mäuse vollständig vor Fettleibigkeit.
Lange lange sind die Zeiten vorbei, in denen es evolutionär Sinn gemacht hat, Fettreserven zu speichern. Mittlerweile stehen uns, zumindest in den Industrienationen, Lebensmittel in Hülle und Fülle zur Verfügung. Die Folgen sind bekannt: Laut Zahlen der Deutschen Adipositas Gesellschaft stieg die Adipositas-Prävalenz in den letzten 20 Jahren bei Männern um 39 Prozent und bei Frauen um 44 Prozent. Ärzte unternehmen gewaltige Anstrengungen, um diese Krankheitslast zu kontrollieren. Doch strenge Diäten sind für Patienten schwer einzuhalten und die Erfolge häufig nicht von langer Dauer. Einen ganz anderen Weg geht die Mikrobiologin Karen Nørgaard Nielsen von der Universität Kopenhagen. Ihre Experimente zeigen: Mäuse, die hauptsächlich Burger und Pizza fressen, bleiben schlank, wenn die Forscherin bestimmte Stoffwechselwege bei den Tieren hemmte.
Als Zielstruktur identifizierte Nielsen das Enzym Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase (NAMPT). Es katalysiert einen Teilschritt bei der Biosynthese von Nicotinamidadenindinucleotid (NAD), einem Coenzym, das in allen Zellen vorkommt. In früheren Studien fanden Wissenschaftler bereits heraus, dass der NAD-Stoffwechsel mit Adipositas in Verbindung steht. Ob hier tatsächlich kausale Zusammenhänge bestehen, war bislang unklar. Deshalb hat Nielsen mit Mäusen gearbeitet, die ein defektes NAMPT-Gen haben. Dadurch produzierten die Mäuse keine intakte Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase mehr. Anschließend fütterte Nielsen die Hälfte der Mäuse mit fettreicher „Burger-Pizza-Kost“ und die andere Hälfte mit fettreduzierter Nahrung. Eine weitere Mäuse-Gruppe mit intaktem NAMPT-Gen diente als Kontrollgruppe. Auch hier erhielt ein Teil der Gruppe die fettreiche Kost und die andere Gruppe die fettreduzierte Nahrung. Als die Mikrobiologin die Ergebnisse auswerte, war sie sehr überrascht: In den beiden Gruppen, wo die Mäuse gesundes Futter gefressen hatten, fand Nielsen keine Unterschiede. Körpergewicht und Fettmenge waren gleich. Ganz anders bei den Mäusen unter „Pizza-Burger-Kost“. Hier wurden die Kontrollmäuse mit intaktem NAMPT-Gen schnell adipös, was den Erwartungen entsprach. Doch die Mäuse, denen NAMPT fehlte, legten trotz hochkalorischer Nahrung nicht zu, verglichen mit normalkalorischem Futter. Darüber hinaus hatten Mäuse, denen NAMPT fehlte, trotz fetter Kost eine bessere Blutzuckerkontrolle als die Vergleichsmäuse. „Unsere Studie liefert den ersten Beweis dafür, dass NAMPT erforderlich ist, um übergewichtig oder fettleibig zu werden und dass ein Mangel an NAMPT im Fettgewebe vollständig vor Fettleibigkeit schützt“, resümiert die Erstautorin.
Wer jetzt hofft, dass Pizza oder Burger zum Genuss ohne Reue werden, hat Pech gehabt. Die Forscher weisen darauf hin, dass NAMPT an metabolischen Funktionen in etlichen Geweben beteiligt ist und nicht nur beim Fettgewebe eine Rolle spielt. Einfach nur NAMPT zu hemmen, ist wahrscheinlich der falsche Weg. Damit ist Nielsens Paper eher als Beitrag anzusehen, um zu verstehen, wie Adipositas überhaupt entsteht.