Manche sprechen ihre Blasenschwäche selbst an. Anderen fällt es schwer, über ihr Problem zu reden. Wie beginnt man als Arzt so ein heikles Gespräch am besten?
Unter Harninkontinenz versteht man den ungewollten Abgang von Urin zwischen den Toilettengängen. Die Blasenschwäche ist ein Symptom, dem sehr unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen können. Um herauszufinden, warum eine Harninkontinenz besteht und welche Therapie sich am besten eignet, müssen im Rahmen des Arzt-Patienten-Gesprächs einige Fragen geklärt werden.
Darüber zu sprechen, ist für viele aber eine unangenehme Angelegenheit. „Da Harninkontinenz für die Betroffenen meist ein Tabuthema ist, wird sie oft nicht aktiv vom Patienten geäußert“, heißt es etwa in der S2e-Leitlinie Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten. Wie geht man das Thema also am behutsamsten in der Praxis an, wenn einem als Arzt ein Betroffener gegenübersitzt? Wir haben mit einer Hausärztin aus der Community gesprochen, die gerne anonym bleiben möchte.
Da Männer seltener an einer Harninkontinenz leiden, habe die Hausärztin hier weniger Berührungspunkte mit dem Thema. Häufig tritt bei männlichen Patienten eine postoperative Inkontinenz, etwa nach Prostata-Operationen auf. Hier wird das Problem einer möglicherweise auftretenden Harninkontinenz häufig schon im Rahmen der Reha-Maßnahmen angesprochen.
Wie Patienten mit ihrer Blasenschwäche umgehen, ist unterschiedlich, berichtet uns die Allgemeinmedizinerin. „Manche Patienten (gerade wenn es jüngere Frauen betrifft) sprechen das Thema Inkontinenz von sich aus an.“ Das sei vor allem dann der Fall, wenn der Leidensdruck sehr groß sei. Bei anderen Patienten komme das Problem im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung zur Sprache. „Manchmal sieht man z.B. die dickere Slipeinlage“, erzählt die Ärztin. „Ich sage dann manchmal sowas wie ‚Viele Frauen haben ja im Laufe ihres Lebens Probleme damit, das Wasser zu halten.‘ Darauf steigen dann die meisten Frauen von sich aus ein.“
Mit dieser unaufdringlichen Einladung zum Gespräch habe sie gute Erfahrungen gemacht. Nachhaken liege ihr weniger: „Wenn dann nichts kommt, ist das auch ok – ich will mich da keinem aufdrängen.“ Außerdem finde es die Medizinerin schwierig, eine Blasenschwäche offensiv anzusprechen, „weil wir ja im Endeffekt nur wenig therapeutische Optionen haben,“ argumentiert sie.
Neulich besuchte sie eine Fortbildung zum Thema. „Der Referent sagte doch sehr deutlich, dass die meisten therapeutischen Optionen gerade für Frauen, die ja häufiger betroffen sind, einfach echt gering sind.“ So sei Beckenbodentraining demnach leider nicht so effektiv, wie viele es gern glauben möchten. Zuletzt bleiben noch Operationen – mit all ihren Risiken. OPs könnten zwar teilweise helfen, als Beispiel nennt sie Tensionfree-Vaginal-Tapes, sogeannte TVT-Operationen, „aber das Allheilmittel sind die auch nicht. Deswegen sprach sich der Referent durchaus auch für die Option der Slipeinlage aus. Der Umgang damit ist zum Glück schon etwas weniger verkrampft als früher“.
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Bildquelle: Boris Smokrovic, unsplash