In einer Litschi-Anbauregion in Indien sterben immer wieder Kinder. Sie sind stark unterzuckert und zeigen Symptome einer Enzephalopathie. Was ist die Ursache?
In diesem Sommer sind bereits 47 Kinder gestorben. Alle Fälle traten in einem Anbaugebiet für Litschis im Norden von Indien auf. Die Einheimischen nennen sie daher auch die „Litschi-Krankheit“. Die Kinder waren extrem hypoglykämisch und zeigten Symptome einer Enzephalopathie. Manche erlitten Krampfanfälle, Bewusstseinseintrübungen oder fielen ins Koma bevor sie starben, berichtet The Scientist.
Über die Ursache gibt es mehrere Spekulationen. Da die Kinder keine erhöhte Anzahl an Leukozyten aufwiesen, ist eine Infektion mit einem Pathogen unwahrscheinlich. Die plausibelste Erklärung liefert eine Studie aus dem Jahr 2017. Damals wurde das Phänomen bei rund 400 betroffenen Kindern untersucht. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Toxin aus der Litschi in Kombination mit Mangelernährung bei den Kindern eine nichtentzündliche Enzephalopathie ausgelöst hat.
Ihre Erklärung: Unreife Litschi-Früchte enthalten Hypoglycin A, das zu Methylen-cyclopropyl-acetyl-CoA (MCPA) abgebaut wird. Diese Substanz hemmt die Gluconeogenese. Essen die Kinder abends außer Litschis nichts anderes, verbraucht der Körper über Nacht die gesamte Glukose aus seinen Reserven, kann aber keinen Nachschub liefern. Dadurch kommt es zur extremen Unterzuckerung.
Einigen Ärzten reicht diese Erklärung nicht. „Warum wir so viele Fälle von Hypoglykämie haben, muss untersucht werden“, sagt Sunil Kumar Shahi, Krankenhausleiter in der Region, gegenüber der New York Times. „Aber Litschis haben damit nichts zu tun.“ Denn warum sind nicht auch andere Anbaugebiete in Indien betroffen? Und warum treten die Fälle auch außerhalb der Litschi-Saison auf oder bei Kindern, die gar keine Litschis gegessen haben?
Noch gibt es von den Behörden keine offizielle Erklärung für das Phänomen. Doch sie versuchen das Problem durch Aufklärung in den Griff zu bekommen. Denn die folgenschwere Erkrankung lässt sich leicht behandeln: Wenn Kinder über Symptome klagen, sollen Eltern ihnen Zucker und Salz geben. Falls die Beschwerden weiterhin bestehen, müssen sie ins Krankenhaus fahren. Dort kann man den Kindern mit Elektrolytlösungen helfen und so Schlimmeres verhindern.
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