Patienten mit einer Hüftfraktur landen oft erneut wegen eines Sturzes im Krankenhaus. Doch es gibt einige Maßnahmen, mit der sich Stürze verhindern lassen – Hausärzten kommt dabei eine besondere Rolle zu.
Zu Hüftfrakturen kommt es eher weniger bei Glatteis oder beim Sport, sondern meistens zu Hause. Idealerweise erfolgt schon in der Reha eine Sturz-Abklärung. Wenn die Patienten aus dem Krankenhaus oder der Reha nach Hause kommen, spielt die Umgebungsmodifikation eine große Rolle, denn das Risiko für das Auftreten einer weiteren Fraktur ist doppelt so groß wie zuvor.
Prof. Ulrich Liener, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie am Marienhospital Stuttgart und Leiter der Sektion Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, hat durchaus schon Patienten gesehen, die zweimal über denselben Teppich gestolpert sind und sich dabei erneut eine Fraktur zugezogen haben.
3D-Modell des Femur. Die meisten Frakturen betreffen den Hals des Oberschenkelknochens.
Eine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen hilft, erneute Stürze zu vermeiden, darunter das Entfernen von Stolperfallen, eine gute Beleuchtung, altersgerechtes Mobiliar, Haltegriffe, die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von funktionierenden Seh- und Hörhilfen und gute Hausschuhe. „Sturzprävention ist noch weniger auf der Agenda der nachbehandelnden Ärzte als die Osteoporose. Diese Interventionen kommen in Deutschland gerade erst an“, so Liener.
Oft sind Defizite der Motorik und mangelnde Kraft Ursachen für die Stürze, bei denen es zu Hüftfrakturen kommt. Während der stationären Reha wird an diesen Defiziten gearbeitet. Dennoch wäre es unrealistisch, anzunehmen, dass die Sache damit erledigt sei. Im ambulanten Bereich ist die Fortsetzung der Arbeit deshalb sinnvoll. Im Weißbuch Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) wird allerdings beklagt, dass trotz „sinnvoller und evidenzbasierter Angebote bisher eine erhebliche Implementierungslücke [besteht]“.
Liener nennt auch einige medizinische Ursachen, die zu einer multifaktoriellen Gangstörung beitragen: Arthrose, Spinalkanalstenose, Sarkopenie, Gebrechlichkeit. Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen oder neurologische Erkrankungen können das Fallrisiko ebenfalls erhöhen. „All diese Dinge müssen adressiert werden, weshalb die Hausärzte als Gesundheitsmanager der älteren und oft gebrechlichen Patienten so wichtig sind“, so Liener. Er rät generell dazu, dass die Patienten zu Hause trainieren. Er verweist auf kostenloses Infomaterial von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, in der sich einfache, aber sehr gute Übungen für ältere Menschen befinden, mit denen sich Kraft, Koordination und Balance trainieren lassen.
Leiden Patienten an Osteoporose, sind Knochenbrüche bei Stürzen wahrscheinlich. In einem EU-weiten Vergleich lag Deutschland mit etwa einer Million Osteoporose-gefährdeten Männern und vier Millionen Frauen an der Spitze. Liener sagt: „Alle Patienten, die eine niedrigtraumatische proximale Femurfraktur erleiden, zum Beispiel wenn sie beim Umfallen auf der Seite landen, haben eine Osteoporose. Diese Patienten brauchen keine Knochendichtemessung, bei ihnen kann man direkt mit der Osteoporosetherapie beginnen, in erster Linie mit Bisphosphonaten, als Wochen-Tablette oder intravenös als drei Monate- oder Jahres-Infusion. Bei Patienten mit Nierensuffizienz sind Bisphosphonate kontraindiziert, hier muss man mit Denosumab behandeln.“
Im Gegensatz zur antiresorptiven Therapie gibt es auch eine osteoanabole Behandlung mit Teriparatid, bei der Knochensubstanz aktiv aufgebaut wird. Im Patientengespräch veranschaulicht Liener die Osteoporose mit einem Konto, bei dem über lange Zeit mehr Geld abgehoben als eingezahlt wird.
Er resümiert: „Die Osteoporosetherapie ist immer noch schlecht: Die Therapiequote bei Patienten mit proximalen Femurfrakturen liegt nach einem Jahr bei unter zehn Prozent. Die Therapie, die in der Klinik begonnen wurde, geht oft nach der Entlassung irgendwo im Bermuda-Dreieck zwischen Krankenhaus, Orthopäden und Hausarzt verloren. Da ist noch viel Luft nach oben.“
Bildquelle: Mikael Häggström, M.D., Wiki Commons