In Sachen Empathie könnten einige Ärzte viel dazu lernen. Drei sehr drastische Erlebnisse.
Mit kranken Menschen sollte man möglichst sensibel umgehen. Sie sind häufig besonders verletzlich, und wenn man sich deutlich im Ton vergreift, schlägt das schnell entweder in Aggression, oder, bei zarter Besaiteten, in Verzweiflung um. Und doch gibt es eine Berufsgruppe, die sich in Sachen Empathie häufig nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Ärzte.
Hier drei Beispiele, wie es bitte nicht laufen sollte:
Meine Mutter hatte sich ein Yuccapalmenblatt in den Augapfel gespießt und war blutend zu ihrem Augenarzt gefahren. Der pflaumte sie erst einmal an, was ihr denn einfiele – jetzt erst nach fast 3 Jahren wiederzukommen! Sie hätte ja schon lange wieder eine Glaukomuntersuchung benötigt (IGeL-Leistung zum selbst zahlen), und auch sonst sollte sie mindestens jährlich zur Kontrolle kommen. Das könne man ja jetzt noch schnell machen.
Meine Mutter war perplex und erklärte ihm, dass sie erst einmal vorrangig wegen ihres stark blutenden Auges hier sei. Brummig erklärte er sich bereit, zu helfen, motzte aber den Rest der Untersuchung weiter und verschrieb eine Augensalbe mit Ofloxacin, die sie eine Woche lang benutzen sollte.
Drei Tage später ging es ihr wieder schlechter, das Auge tat weh. Meine Mutter war unsicher und rief in der Praxis an – die Arzthelferin meinte, es sei besser, vorbeizukommen und sich das Auge ansehen zu lassen.
Im Behandlungsraum wurde meine Mutter dann vom Arzt angebrüllt (!), warum sie schon wieder hier sei. Er hätte doch gesagt, sie solle nach einer Woche wiederkommen und nicht früher. Sie erklärte ihm, dass sie Schmerzen hatte und extra vorher angerufen hat, woraufhin es hieß, dass sie vorbeikommen soll. Der Arzt lachte, und fragte:
„Und die Arzthelferin ist so kompetent, dass sie meinen Job machen kann oder was? Gehen Sie, ich schau mir das jetzt NICHT an.“
Obwohl meine Mutter nochmals darum gebeten hatte, nachzusehen, weigerte er sich und schickte sie nach Hause.
Ein etwa 80-jähriger Kunde kam sichtlich aufgewühlt in die Apotheke. Wir sprachen ihn auf seine erkennbar schlechte Verfassung an, und da platzte alles aus ihm heraus. Seine Frau leide seit ein paar Jahren unter Demenz, und habe vor ein paar Wochen einen leichten Schlaganfall erlitten. Dies wurde deutlich zu spät bemerkt, um ihr optimal helfen zu können, und so fand sich das Paar beim Neurologen ein, der sich den Befund der Klinik genauer betrachtete.
Bereits als die beiden gebrechlichen Menschen das Behandlungszimmer betreten wollten, rief er ihnen bei geöffneter Tür entgegen: „Ich kann hier gar nichts mehr machen. Ich weiß eigentlich nicht was sie hier wollen. Da hätten sie früher kommen sollen. Hier ist nichts mehr zu retten, das sage ich ihnen gleich.“
Während unser Kunde das erzählte, brach er in Tränen aus. „Das kann er doch so nicht sagen! Ich habe doch einfach nicht früher gemerkt, dass da was nicht stimmt, sonst wäre ich doch eher da gewesen. Was heißt das überhaupt, man kann nichts mehr machen? Soll ich sie sterben lassen jetzt? Bin ich jetzt Schuld daran, dass sie sterben muss?“
Eine Freundin von mir lebt mit einer Krankheit, die es nötig macht, dass sie sich einmal im Jahr in einer Spezialabteilung eines Krankenhauses durchchecken lässt. Nach ihrem letzten Besuch dort kam sie komplett nassgeweint vorbei. Offenbar sind ihre Calciumwerte seit Jahren sehr schlecht, was für die Knochen natürlich alles andere als gut ist.
Der Klinikarzt hat ihr das etwa so mitgeteilt: „Oh Mann … die Werte sind ja unterirdisch schlecht! Und das schon seit über zehn Jahren! Hat Ihnen das noch niemand gesagt? Das kann ich gar nicht verstehen. Ob da jetzt noch was zu retten ist …?“
Bitte, liebe Ärzte, besucht nicht nur Fachfortbildungen, sondern auch ab und zu mal ein Training bezüglich Empathie. Das waren jetzt drei sehr drastische Beispiele. Oft ist es aber auch der Alltag, bei dem es einfach im Umgang mit dem Patienten hapert.
Bei meinem letzten Arztbesuch (Kehlkopfentzündung) wurde ich erst gefragt: „Und was soll ich da jetzt für sie tun?“ Und später kam dann: „Dann verschreibe ich Ihnen ein Antibiotikum, das ist es ja, was sie von mir erwarten.“
Nein – das erwarte ich nicht. Ich erwarte aber, dass ich ernst genommen werde. Dass mich jemand bei der Hand nimmt, und mir auf meinem Weg hilft. Ich erwarte nicht, getragen zu werden, aber es wäre schön, einen Stock gereicht zu bekommen, der den Gang erleichtert. Oder zumindest ein Taschentuch.
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