Handys machen es, auch der Fahrradsattel, die Sauna ebenso und Alkohol erst recht – sie mindern die Spermienqualität und damit die Fertilität. Zahlreiche Studien belegen, die Samenzellen des Mannes merken auch, wenn ihr „Herrchen“ zu viel auf den Rippen hat.
Dänische Forscher untersuchten die Samenzellen von 13 schlanken und zehn adipösen Männern mit einem BMI von über 29,7. Gefahndet wurde nach epigenetischen Markern. Die Studie belegt, dass die Spermien der Übergewichtigen eine Veränderung der genetischen Muster aufweisen, die für die Steuerung des Appetits zuständig sind. Das Übergewicht des Vaters kann so auf die Kinder übertragen werden. Damit wurde bewiesen, dass Übergewicht zu einer Veränderung des Erbgutes führt.
Die Merkmale eines Menschen beruhen nicht nur auf der Reihenfolge der DNA-Bausteine, sondern auch auf vererbbaren Kontrollmechanismen des genetischen Codes. Diese epigenetischen Faktoren basieren unter anderem auf Methylgruppen, die sich auf der DNA befinden und die Aktivität bestimmter Erbanalagen beeinflussen. Es stellt sich die Frage nach dem „Huhn-Ei-Problem“: Verursacht Übergewicht Veränderungen der DNA oder lösen DNA-Modifikationen Adipositas aus? Um diese Frage zu beantworten, untersuchte das Forscherteam epigenetische Veränderungen vor und nach einer Magenbypass-Operation an sechs Männern mit anschließendem drastischen Gewichtsverlust. An der DNA der Spermien wurden über 5.000 epigenetische Veränderungen vor und nach der Operation festgestellt. Es wurde eine Studie in Kooperation mit einer Fertilitätsklinik gestartet, um epigenetische Untersuchungen an Embryonen durchzuführen, die von Männern unterschiedlichen Körpergewichts gezeugt wurden. Seit längerer Zeit wird Frauen mit Kinderwunsch empfohlen, sich vor der Zeugung gesund zu ernähren, auf Alkohol zu verzichten und bestimmte Mikronährstoffe zu substituieren. Sollten sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, heißt es für den Mann vor der Zeugung: „nicht rauchen, nicht trinken und runter mit dem Körpergewicht“.
Auch frühere Studien belegten, dass das Körpergewicht einen Einfluss auf die qualitativen und quantitativen Eigenschaften der Spermien ausübt: Eine Untersuchung von Hammiche et al. belegte, dass mit zunehmendem Körpergewicht das Ejakulationsvolumen, die Spermienkonzentration und die Gesamtzahl beweglicher Spermien deutlich abnimmt. Männer mit einem Hüftumfang über 102 cm hatten eine signifikant schlechtere Spermienkonzentration und geringere Gesamtzahl beweglicher Spermien. Einer der sechs Autoren gibt an, von der Pharmaindustrie finanzielle Zuwendungen erhalten zu haben. Da es sich bei der vorgestellten Arbeit um eine Grundlagenstudie handelt, bei der keine Arzneimittel erwähnt oder empfohlen werden, schmälert dies nicht die Aussagekraft. Fettzellen wandeln Testosteron enzymatisch in Östrogen um. Je mehr Fettzellen, desto weniger Testosteron ist verfügbar. Eine Studie aus dem Jahr 2012 untersuchte bei 1.683 Patienten mit Kinderwunsch ihre Lebensgewohnheiten innerhalb der letzten drei Monate vor der in-vitro-Fertilisation. Erfragt wurden das Ernährungsverhalten, die Stressbelastung, Sexualverhalten, Schlafgewohnheiten, Alkohol- und Tabakkonsum, sportliche Aktivitäten, Gesundheitsstatus, Alter und BMI. Es wurde untersucht, welche Auswirkungen diese Parameter auf die Spermienqualität, das Ejakulationsvolumen nach Samenerguss, Spermienkonzentration, -gesamtzahl und -beweglichkeit haben. „Nach unseren Erkenntnissen hat die Kombination von Alter, Gewicht, sexueller Abstinenz, Anzahl der Ejakulationen und Menge des Kaffeekonsums wesentlichen Einfluss auf Motilität und Morphologie der Spermien. Bis zu einem gewissen Grad kann also der Patient selbst die Qualität seiner Samen beeinflussen.“
In einer Studie von Janevic et al. wurden die Ejakulate von 193 Männern im Alter von 38 bis 49 Jahren untersucht. Die Probanden wurden nach ihrer Stressbelastung im Beruf und im Privatleben befragt. Hohe berufliche Belastung hatte erstaunlicherweise keine Auswirkungen auf die Spermien. Mögliche Gründe sehen die Forscher in oxidativem Stress. Außerdem können auch Glukokortikoide, die durch hohe Belastungen vermehrt ausgeschüttet werden, Einfluss auf die Produktion von Spermien haben. „Männer, die sich gestresst fühlen, haben eine niedrigere Konzentration von Spermien im Ejakulat. Außerdem seien die Spermien unförmig und in der Bewegung beeinträchtigt“, so die Autoren. Männer, die während der Studie arbeitslos waren, verfügen über eine sehr schlechte Spermienqualität. Dabei ist es unerheblich, wie gestresst sie nach eigenem Empfinden wirklich waren.
Eine dänische Studie belegte den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Spermaqualität. Wissenschaftler an der University of Southern Denmark untersuchten 953 gesunde junge dänische Männer. Probanden mit Schlafproblemen hatten einen Rückgang der Spermienkonzentration um bis zu 33 Prozent, eine 30-prozentige Reduktion der Gesamtspermienzahl und außerdem einige schwächere Spermien mehr als Männer, deren Schlaf weniger gestört war. Bereits eine regelmäßige Schlafdauer von 7 Stunden verbesserte die Spermienqualität erheblich.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Conrado Avendaño vom Center für reproduktive Medizin in Córdoba in Argentinien untersuchte die Schädlichkeit von WLAN-Strahlung auf die Reproduktionsfähigkeit von Männern. Die Strahlung eines in der Hose getragenen Handys oder auf den Schoß gelegten Laptops reicht aus, um die Fertilität zu mindern. In der Studie wurden Spermaproben von 29 gesunden Probanden im Alter von 25 Jahren untersucht. Die Proben wurde in zwei gleiche Teile geteilt, die in verschiedenen Räumlichkeiten bei kontrollierter Temperatur untergebracht wurden. Eine der beiden Spermaproben wurde unter einen Laptop gelegt, der mit einer Internetverbindung mit WLAN ausgestattet war. Bei den bestrahlten Spermienproben waren 25 Prozent der Spermien bewegungslos, bei den nicht-bestrahlten nur 14 Prozent. Unter den bestrahlten zeigten sich bei 9 Prozent Schäden am Erbgut, unter den nicht-bestrahlten nur bei 3 Prozent.
Die Forschergruppe um Prof. Igor Yakymenko [Paywall] am Kiewer Institut für experimentelle Pathologie, Onkologie und Radiobiologie warnt davor, dass Mobilfunkstrahlung schädigende Oxidationsprozesse in Zellen auslöst. Von 100 begutachteten Studien belegen 93 Studien, dass WLAN- und Handystrahlung so starken oxidativen Stress auslösen, dass es zu Zellschäden kommen kann. Eine Ursache für die schädlichen Effekte ist die Überproduktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS: Reactive Oxygen Species). „Wir empfehlen die Minimierung der Intensität und der Dauer von Hochfrequenzeinwirkung und die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei kabellosen Techniken im Alltag des Menschen“, so die Autoren. Professor Dr. Wilfried Kühling, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) fordert die Bundesregierung und die Industrie auf, Grenzwerte festzusetzen und wirksame Schutzmechanismen für die Bevölkerung zu etablieren.
Ist es Mythos oder Realität, dass die Sitzheizung im PKW die Hoden so stark erhitzt, dass es zu einer Veränderung der Spermienqualität kommt? Dieser Frage ging der Leiter des Kinderwunschzentrums Goldenes Kreuz, Prof. Andreas Obruca nach. Er befragte 997 Patienten zu ihrem Nutzungsverhalten von Sitzheizungen. Diese Angaben wurden mit den Ergebnissen der Spermiogramme abgeglichen. Von den Männern, die nie eine Sitzheizung verwendeten, hatten 46 Prozent ein unauffälliges Spermiogramm. Unter den gelegentlichen Sitzheizungsnutzern war hingegen bei 53 Prozent der Spermienzustand unauffällig, bei den häufigen Anwendern sogar bei 62 Prozent. Damit wurde belegt, dass die Sitzheizung keinen negativen Effekt auf die Spermienqualität hat. Um einen positiven Effekt abzuleiten sind weitere Studien notwendig. Der ideale „Spermienproduzent“ sollte also schlank sein, keinen privaten Stress und einen gesunden Schlaf haben, seine Sitzheizung benutzen und seine Hoden keiner WLAN-Strahlung aussetzen. Dieses Profil gehört ab jetzt zum Beuteschema zeugungswilliger Frauen.