Sechs Tage nach einer Op am Bauch stellt sich ein älterer Mann mit starken Schluckbeschwerden und Hämoptyse in der Notaufnahme vor. Doch auch als die Ärzte die Ursache finden, gibt sein Fall weiterhin Rätsel auf.
Ein 72-Jähriger stellt sich mit starken Schluckbeschwerden und Hämoptyse in der Notaufnahme vor, nachdem ihm sechs Tage zuvor ein gutartiger Knoten an der Bauchwand entfernt worden war. Er gibt an, seit der Anästhesie keine feste Nahrung mehr schlucken zu können.
Die oropharyngeale Untersuchung und der Röntgen-Thorax zeigen keine Besonderheiten. Auch im Labor sind lediglich die Entzündungparameter leicht erhöht. Die Ärzte behandeln ihn mit Verdacht auf eine Infektion der unteren Atemwege und Schmerzen aufgrund der Intubation während der OP und schicken ihn nach Hause.
Keine Besserung in Sicht
Nach zwei Tagen kehrt der Patient jedoch zurück – mit schlimmeren Halsschmerzen, blutigem Husten und heiserer Stimme. Die verschriebenen Medikamente konnte er wegen der starken Schluckbeschwerden nicht einnehmen. Er ist mittlerweile so kurzatmig, dass er die letzten Nächte sitzend geschlafen hat. Um die Sauerstoffsättigung aufrecht zu erhalten, benötigt er inzwischen die Sauerstoffgabe von 2 l/min über die Sauerstoffbrille.
Verschluckt
Eine erneut Röntgenaufnahme zeigt eine Trübung im rechten Hemithorax. Mit Verdacht auf Aspirationspneumonie wird der Patient nun noch von einem HNO-Arzt untersucht. Während einer endoskopischen Untersuchung findet dieser ein metallisches, halbkreisförmiges Objekt oberhalb der Stimmbänder. Dieses drückt gegen die Epiglottis und verursacht ein Erythem und eine Schwellung mit Anzeichen einer Erosion, die, so vermutet der Arzt, die Ursache für den blutigen Husten sein könnte. Der ältere Herr erzählt daraufhin, dass seit der OP seine obere Zahnprothese nicht mehr auffindbar sei. Er sei allerdings davon ausgegangen, diese im Krankenhaus verloren zu haben.
Die Ärzte ordnen daraufhin eine Röntgenuntersuchung des Halsbereichs an und stellen fest, dass es sich bei dem Objekt tatsächlich um die Prothese handelt. Diese wird operativ entfernt und der Patient noch weitere sechs Tage stationär gegen die Aspirationspneumonie behandelt.
Immer noch blutiger Husten
Fünf Tage nach der Entlassung kehrt er erneut mit Hämoptyse zurück. Sein Hb-Wert ist stabil und die erneute Endoskopie zeigt zwar Granulationsgewebe an der rechten Zungenbasis, aber keine frischen Blutungen, sodass der Patient wieder entlassen wird. Noch zwei weitere Male kommt er mit verschlechterten Hb-Werten in die Notaufnahme und benötigt sogar zwei Erythrozytenkonzentrate aufgrund des Blutverlusts. Die Ursache bleibt jedoch weiterhin unklar.
Notoperation
Beim dritten Mal wird er schließlich als Notfall in die Ambulanz gebracht. Eine Pharyngoskopie wird durchgeführt, bei der die Ärzte das gleiche Granulationsgewebe vorfinden wie zuvor. Als sie dieses jedoch entfernen, entdecken sie eine verletzte Arterie und beobachten eine Spritzblutung. Weil Versuche, dieses Gefäß zu klipsen, fehlschlagen, muss die Arterie genäht werden. Erneut erhält der Patient eine Bluttransfusion und kann schließlich ohne Rückkehr der Beschwerden nach Hause entlassen werden.
Der Fall zeigt eindrücklich, wie wichtig die Dokumentation aller lockeren Prothesen bei der Anamnese und ihre Entfernung von Eingriffen ist. Sollte es dennoch zu einem Verschlucken von Gegenständen und deren Verbleib im oberen Atem- und Verdauungstrakt für mehr als 24 Stunden kommen, empfiehlt sich ein strenges Monitoring, um Komplikationen frühzeitig behandeln zu können.
Textquelle: Harriet A. Cunniffe / BMJ
Bildquelle: I8r8oosh, Unsplash