Forscher zeigen in einer aktuellen Studie, dass mehr Freundschaften in der Lebensmitte mit einem niedrigeren Demenzrisiko im Alter assoziiert sind.
Weltweit steigt die Zahl an Patienten mit Demenz. In Deutschland sind schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen betroffen, berichtet die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. Ohne Durchbrüche bei der Therapie seien bis 2050 rund drei Millionen Betroffene zu erwarten. Zu den bekanntesten Risikofaktoren gehören Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Hypertonie oder eine Niereninsuffizienz. Sport und ausgewogene Mischkost scheinen protektiv zu wirken. „Es müssen weitere Lebensstilfaktoren ermittelt werden, die sich auf das Risiko auswirken, an Demenz zu erkranken, damit Präventionsmaßnahmen angemessen ausgerichtet werden können“, schreibt Andrew Sommerlad in PLOS Medicine. Er forscht am University College London.
Schlechte Datenlage bei früheren Untersuchungen
Ältere Studien haben gezeigt, dass wenig sozialer Kontakt mit einem höheren Demenzrisiko verbunden ist. Die Veröffentlichungen sind jedoch nicht frei von Schwächen. In vielen Fällen zogen sich Patienten aufgrund ihrer beginnenden Demenz aus dem Alltag zurück.
Deshalb analysierte Sommerlads Team Daten von 10.228 Teilnehmern der Whitehall-II-Studie. Die Teilnehmer waren bei der Rekrutierung im Durchschnitt 45 Jahre alt und hatten keine Demenz. Über Fragebögen wurden Kontakte zu Freunden und Bekannten oder Verwandten erfasst. Dazu kamen fünf kognitive Tests zwischen 1997 und 2016. Zusätzlich flossen über elektronische Gesundheitsakten ärztliche Diagnosen ein. Das Ergebnis der Analyse: Wer im Alter von 60 Jahren fast täglich in Kontakt mit Freunden war, hatte ein um 12 % verringertes Risiko für eine Demenzerkrankung im Vergleich zu jemandem, der sich nur alle paar Monate mit ein oder zwei Freunden trifft.
Mehr Freunde, weniger Demenzen?
Die Forscher stellten fest, dass mehr soziale Kontakte in der Lebensmitte mit höheren kognitiven Leistungen und ab 60 Jahren mit einem niedrigeren Demenzrisko assoziiert waren. „Unsere Analyse legt nahe, dass ein häufigerer sozialer Kontakt während der frühen und mittleren Lebensphase eine kognitive Reserve aufbauen kann, die aufrechterhalten wird und die klinische Expression von Demenz verzögert oder verhindert“, kommentiert Sommerlad.
Mit seiner Kohortenstudie kann er aber nicht ausschließen, dass es vielleicht schon früh im Leben biochemische Vorboten einer Demenz gibt. Diese könnten einerseits zu weniger Bindungen an Menschen führen und andererseits die Grunderkrankung triggern. Fazit: Freundschaften sind schön – ob sie vor Demenz schützen, kann die Arbeit jedoch nicht beantworten.
Zur Studie geht es hier.
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