Diclofenac, Metamizol oder doch ein Opioid? Bevor die aktualisierte S2k-Leitlinie zur Urolithiasis auf dem Deutschen Urologen Kongress vorgestellt wird, könnt ihr hier nochmal die wichtigsten Empfehlungen nachlesen.
Die S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis wurde von der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und dem Arbeitskreis Harnsteine der Akademie der Deutschen Urologen aktualisiert. Im September wird sie auf dem Deutschen Urologen Kongress vorgestellt.
Bei der Urolithiasis handelt es sich um eine Volkskrankheit, insgesamt 5 Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Die Neuerungen dürften also nicht nur für Urologen interessant sein. Wer noch nicht reingeschaut hat, bekommt hier ein kleines Update.
Die wohl wichtigste Aktualisierung besteht in der Möglichkeit der konservativen Therapie bei Harnsteinen bis 7 mm Größe. Hier lag die Grenze in der früheren Leitlinien-Version von 2015 bei 5 mm. Voraussetzung für das konservative Vorgehen ist die regelmäßige Kontrolle einer Abflussbehinderung sowie der Infektzeichen.
In der Aufklärung sollte der Patient über die durchschnittliche Rate und Dauer der spontanen Steinabgänge bei unterschiedlicher Konkrementgröße informiert werden. Statistisch gesehen kommt es bei 87 % der Harnleitersteine zwischen 4-5 mm Größe in 6,1 Tagen zu einem Spontanabgabg. Handelt es sich um ein Harnleiterkonkrement von 6-7 mm, muss im Durchschnitt 12,5 Tage bei einem wahrscheinlichen Steinabgang von 75 % gewartet werden.
Begleitend zur konservativen Therapie können Diclofenac (cave: Nierenfunktion) und Alphablocker (Off-Label) das Auftreten von Koliken reduzieren. In der akuten Koliksituation zeigt Metamizol eine sehr gute analgetische Wirkung und ist aufgrund der Senkung des intraluminalen Drucks (Ursache des Kolikschmerz) und der spasmolytischen Wirkung der Gabe von Opioiden vorzuziehen.
Die von manchen fachfremden Kollegen durchgeführte Praxis einer Gabe von N-Butylscopolamin bei akuten Nierenkoliken findet auch diesmal keine Erwähnung in den Leitlinien. Es relaxiert erst in sehr hoher Dosierung den Harnleiter.
Im Sinne des Strahlenschutzes kann, laut neuer Leitlinie, nach vollständiger Steintherapie mittels Ureterorenoskopie (URS) oder Extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) auf eine postinterventionelle radiologische Kontrolle verzichtet werden.
Weiterhin aber spielt die MRT in der Diagnostik der Urolithiasis keine Rolle, auch wenn auf Patientenseite manchmal der Wunsch danach geäußert wird. Grund hierfür ist, dass in der MRT lediglich der Füllungsdefekt und nicht das Konkrement direkt abgebildet wird.
Eine Außnahme bildet die MR-Urographie, welche bei Kindern zur Planung der Therapie aus strahlenhygienischen Gründen der Ausscheidungsurographie vorzuziehen ist. In unklaren Fällen kann allerdings bei Kindern eine low-dose CT durchgeführt werden.
Kinder, die automatisch zur Gruppe der Hochrisiko-Steinpatienten gezählt werden, machen insgesamt immerhin 1 Prozent der Urolithiasisfälle aus. Allgemein gilt zu sagen, dass sich bei Kindern die pathophysiologischen Vorgänge, die zur Steinbildung führen, nicht von denen der Erwachsenen unterscheiden.
Allerdings kommen erbliche Faktoren wie die Zystinurie, die primäre Hypoxalurie oder anatomische Ursachen und Fehlbildungen häufiger vor. Auch aus diesem Grund sollte bei jedem Kind ab dem ersten Steinereignis eine weiterführende metabolische Diagnostik durchgeführt werden.
Insgesamt ist die Erweiterung des konservativen Vorgehens sicher die gravierendste Neuerung der aktualisierten Leitlinie. Hier ist es meiner Meinung nach äußerst wichtig, den Patienten genaustens über alle operativen und konservativen Möglichkeiten aufzuklären.
Sicher ist eine sofortige Steinfreiheit, zum Beispiel mittels primärer URS, für den Patienten äußerst reizvoll, wenn man auf der anderen Seite eine mit möglichen Koliken verbundene konservative Therapie von bis zu 14 Tagen erwähnt. Ist nach der URS allerdings eine Harnleiterschienung nötig, kann dies ebenfalls mit kolikartigen Schmerzen einhergehen.
Bildquelle: Jacek Proszyk, Wiki Commons