Das Bundesministerium für Gesundheit macht mit einer neuen Gesetzesinitiative Druck. Bald sollen Ärzte die Möglichkeit haben, Cannabis auf BtM-Rezept zu verordnen – als Leistung gesetzlicher Krankenversicherungen, versteht sich.
Bei starken Schmerzen und chronischen Erkrankungen zeigen Cannabis-Extrakte in einigen Fällen wünschenswerte Effekte. Hierzulande steht Ärzten nur Sativex® als Fertigarzneimittel zur Verfügung. Dronabinol ist auch als Rezeptursubstanz erhältlich. Patienten tragen die Kosten selbst, was sie sich nicht immer leisten können. Nachdem mehrere Schwerkranke erfolgreich gegen behördliche Verbote zum Eigenanbau geklagt hatten, ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter Zugzwang geraten. Im letzten Jahr beantragten 394 Patienten Ausnahmegenehmigungen, um Cannabis für medizinische Zwecke einzusetzen. Das schreiben Regierungsvertreter auf eine kleine Anfrage der Linken. Nachdem mehrere Schwerkranke erfolgreich gegen behördliche Verbote zum Eigenanbau geklagt hatten, musste Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) reagieren. Er wählte den Königsweg über gesetzliche Regelungen.
Am 8. Januar 2016 hat Gröhes Ministerium einen Referentenentwurf an Länder und Verbände übermittelt. Ein europäisches Notifizierungsverfahren ist ebenfalls Pflicht. Zum Inhalt des Papiers: Besteht eine „nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome“, sollen Betroffene Cannabis-Präparate erhalten. Im Mittelpunkt stehen chronischen Krankheiten, falls es keine etablierten Therapien gibt oder falls sich kein Behandlungserfolg einstellt. Als Voraussetzung für die Verordnung soll Cannabis im Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) gelistet werden, und nicht mehr in Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) beziehungsweise Anlage II (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel).
Gleichzeitig will Hermann Gröhe die evidenzbasierte Therapie weiter voranbringen, auch beim Einsatz von Cannabis-Präparaten. Erhalten Patienten die Medikation, müssen sie bis Ende 2018 an einem Forschungsprogramm teilnehmen. Entsprechende Daten gehen an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Bis Mitte 2019 sind Experten gefordert, um zu definieren, wann GKVen eine Therapie erstatten.
Damit nicht genug: Gesundheitspolitiker sehen im Gesetzesentwurf eine spezielle „Cannabis-Agentur“ vor. Die Institution soll nicht nur Leistungen ausschreiben und geeignete Produzenten identifizieren. Ihre Aufgabe wird auch sein, Firmen Cannabis abzukaufen und Pflanzen ihrer weiteren Verwertung zuzuführen. Nach der Qualitätskontrolle geht die Reise weiter an pharmazeutische Hersteller, Großhändler oder Apotheken.