Radiologen sollen sich in fünf Bundesländern mit einem Trick die Taschen gefüllt haben. Dabei haben sie zu ihrem Vorteil Kontrastmittel falsch abgerechnet – mit Zusatzeinnahmen von bis zu 100.000 Euro pro Praxis. Kann das stimmen?
Laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des WDR sollen Radiologen Kontrastmittel direkt vom Hersteller günstig erworben, es aber zum regulären Satz mit Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) abgerechnet haben. Sie erwarben das gadoliniumhaltige MRT-Kontrastmittel Dotagraf® beim Hersteller für 760 Euro pro Liter. Bei GKVen rechneten sie dann über Pauschalen ab – zu rund 3.900 Euro pro Liter.
Dieses Modell soll in Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen möglich sein und pro MRT-Gerät Zusatzeinnahmen von bis zu 100.000 Euro generieren. Vor Ort handeln Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Vereinigung die Konditionen aus, was bundesweite Unterschiede erklärt.
Hinzu kommt: Den Recherchen zufolge soll der Verbrauch an Dotagraf® in Bundesländern mit diesem Abrechnungsmodell doppelt so hoch sein wie in anderen Kammerbezirken ohne diese Möglichkeit.
Ablagerungen im Gehirn
Patienten zahlen dafür vielleicht auch gesundheitlich einen hohen Preis. Schon länger werden Gehirnläsionen mit Gadoliniumsalzen in Verbindung gebracht, wobei Kausalität und klinische Relevanz unklar sind. Im September 2017 berichteten die DocCheck News:
In dem Artikel kommt unter anderem der Radiologe Dr. Dirk Klee von der Universitätsklinik Düsseldorf zu Wort und gibt seine Einschätzung: „Es gibt bisher keinerlei Hinweis darauf, dass die Ablagerung gadoliniumhaltiger Kontrastmittel im Nervengewebe irgendwelche negativen klinischen Konsequenzen für die Betroffenen nach sich zieht. Dennoch können wir das auch nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen“. Aufgrund der schlechten Datenlage rät die US Food and Drug Administration (FDA) Ärzten zum maßvollen Gebrauch.
Und ein maßvoller Gebrauch ist durchaus möglich. Nicht bei jeder Untersuchung ist der Einsatz von Kontrastmitteln sinnvoll. „Wir sind glücklich, sie zu haben. Aber man weiß mittlerweile auch, dass sie bei vielen Indikationen gar nicht nötig sind“, sagte etwa der Karlsruher Radiologe Prof. Henrik Michaely im Gespräch mit der SZ.
Diese Aussage wiegt schwer angesichts der aktuellen Recherchen, denen zufolge der Verbrauch an Dotagraf® in Bundesländern mit diesem Abrechnungsmodell doppelt so hoch sein soll wie in anderen Kammerbezirken.
Jetzt seid ihr als Radiologen oder Praxismitarbeiter gefragt. Könnt ihr den Vorwürfen etwas entgegensetzen und wird bei euch regulär abgerechnet?
Oder habt ihr ähnliche Erfahrungen beim Zusatzverdienst gemacht? Dann erzählt uns anonym eure Geschichte per Mail an feedback_news@doccheck.com. (Um die Anonymität zu wahren, gibt es bei zahlreichen E-Mail-Anbietern die Möglichkeit, schnell und kostenlos ein anonymes Konto einzurichten.)
Bildquelle: Ken Treloar/Unsplash