Patienten nennen mich Krankenschwester und ich mag diese Anrede. Trotzdem finde ich es gut, dass ab 2020 eine neue Berufsbezeichnung kommt. Denn seien wir ehrlich: Der „Gesundheits- und Krankenpfleger“ hat sich ohnehin nicht durchgesetzt.
Wie nennt man Menschen, die in der Gesundheitspflege tätig sind? Die Krankenschwester ist im allgemeinen Sprachgebrauch immer noch am weitesten verbreitet, auch wenn die Bezeichnung – zumindest offiziell – im Jahr 2004 vom Begriff Gesundheits- und Krankenpflegerin (GuK) abgelöst wurde. Und jetzt wird nochmal alles anders: Ab nächstem Jahr gibt es die Pflegefachfrau und den Pflegefachmann. Ich selbst bin Krankenschwester und habe nichts gegen dieses Wort. Dazu aber später.
Laut pflegeausbildung.net, der Informations-Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, werden ab dem 1.Januar 2020 sowohl das Altenpflegegesetz wie auch das Krankenpflegegesetz zusammengefasst und ersetzt durch das Pflegeberufegesetz.
Die Pflegeschulen haben sich auf die neue Bezeichnung schon eingestellt und informieren auf ihren Homepages über eine reformierte Ausbildung im Pflegebereich. Durch die Neuregelung werden also drei Ausbildungsberufe zu einem zusammengefasst: Wer 2020 sich für eine Ausbildung im Pflegebereich entscheidet, dem bleibt nicht die Wahl zwischen Altenpflege-, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege. Zukünftige Pflegeschüler bewerben sich nun für eine Ausbildung zur/zum Pflegefachfrau/Pflegefachmann, wie der Website für Pflegeausbildung zu entnehmen ist. Hier ein Auszug:
Kern des Pflegeberufegesetzes ist die Einführung einer dreijährigen, generalistischen beruflichen Ausbildung mit dem Abschluss „Pflegefachfrau“/„Pflegefachmann“. Die schulische und praktische Ausbildung dient der Vermittlung von Kompetenzen für die selbstständige und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen. Damit wird der Wechsel zwischen den einzelnen Pflegebereichen erleichtert.
Wer sein Examen als „Krankenschwester/-pfleger“ bestanden hat, kann die geschützte Berufsbezeichnung weiter tragen. Genau dasselbe gilt für GuK-Absolventen. „Krankenschwester“ ist weiterhin eine geschützte Berufsbezeichnung für Schwestern wie mich, die noch die Anerkennung erhalten haben, die Berufsbezeichnung zu tragen.
Die Inhalte im Rahmen der neuen Ausbildung werden jedenfalls breiter gefächert sein. Vielleicht geht man dadurch beim einen oder anderen Thema nicht mehr ganz so in die Tiefe, andererseits sollen auf diese Weise die Voraussetzungen für flexibler einsetzbare Pflegekräfte geschaffen werden.
Wer überhaupt nicht im medizinischen Sektor arbeitet, befindet sich noch auf einem ganz anderen, sehr viel älteren Informationsstand, ist mein Eindruck. Die Änderung der Berufsbezeichnung scheint in den Köpfen der Leute noch nicht angekommen zu sein. In der Klinik wurden wir zum Beispiel immer mit „Schwester“ angesprochen. Ich vermute, das hat sich nicht verändert. Allerdings ist „Schwester“ kein geschützter Titel. Jeder darf sich so nennen und ansprechen lassen.
Ich arbeite als Betriebskrankenschwester und stelle mich immer als „Krankenschwester“ vor. Bisher hat das noch niemand hinterfragt und mit „Wie, ich dachte ihr heißt jetzt GuK?“ reagiert. Ich persönlich mag meine Berufsbezeichnung, die sehr traditionell und familär klingt. Sie definiert auch meine Spezialisierung auf kranke erwachsene Menschen, genauso wie Kinderkrankenschwestern und Altenpfleger auch direkt den Gruppen zugeordnet werden können, auf die sie sich spezialisiert haben, nämlich auf „Kinder“ oder „Alte“. Diese Spezialisierung findet dann ab 2020 nicht mehr statt und das drückt der neue Name auch aus.
Ich werde meine Berufsbezeichnung nicht ändern, da ich ja auch eine andere Ausbildung absolviert habe als die zukünftigen Pflegekräfte. Ich finde auch die Anrede „Schwester“ vollkommen legitim. Für mich drückt sie Nähe und Vertrauen aus. Fürsorge und Verantwortungsbewußtsein. Allerdings habe ich auch Verständnis dafür, dass es hier unterschiedliche Empfindungen gibt.
Was mich immer störte, war die Selbstverständlichkeit, mit der Politiker in Talkrunden ein „die kleine“ vor das Wort Krankenschwester setzten. Um zu betonen, wie bemitleidenswert wir sind und wie hilflos und erbärmlich. „Die kleine GuK“ habe ich noch nicht gehört und „die kleine Fachfrau für Pflege“ kommt einem auch nicht ganz so flott über die Lippen. Böse könnte ich jetzt sagen: „Die kleine philipinische Fachfrau für Pflege“ ersetzt dann wahrscheinlich die „kleine Krankenschwester“ in den Talkrunden.
Und dann gibt es leider noch ziemlich viele Anzüglichkeiten, mit denen wir konfrontiert werden, wenn es um die Bezeichnung der Krankenschwester geht. Und das wird sich nicht von heute auf morgen ändern. Auf dem nächsten Karnevalumzug oder in einschlägigen Filmchen wird man wohl keine sexy Fachfrauen für Pflege antreffen, sondern natürlich die Krankenschwester.
Eine Reform der Ausbildung in den Pflegeberufen ist überfällig. Den Schritt, einer neuen Ausbildung auch einen neuen Namen zu geben, finde ich richtig. Denn ich bin der Meinung, dass eine neue Ausbildung auch eine neue Berufsbezeichnung rechtfertigt. Die Personalabteilungen, die Kollegen, und anderen Mitarbeiter in den Kliniken werden das einordnen können. In Zeiten der „m/w/d“ Stellenanzeigen hätte ich mir eine genderneutrale Bezeichnung gewünscht, aber sei’s drum.
In einer Sache sind sich alle einig: Ob ein Patient den Blasenkatheter von einer „Krankenschwester“, einer „GuK“ oder einer „Fachfrau für Pflege“ gelegt bekommt, ist diesem vollkommen egal – solange man die Intimsphäre des Patienten wahrt, steril und zügig arbeitet, ihn professionell über die Maßnahme informiert und ihm hilft, die Blase zu entleeren. So sehe ich das.
Bildquelle: VIA Agency, flickr