Darf ein Mann trotz HIV-Infektion Polizist werden? Wenn seine Viruslast konstant unter der Nachweisgrenze liegt, lautet die Antwort ganz klar: Ja. Die Polizeiakademie Niedersachsen lehnte seine Bewerbung trotzdem ab.
Ein HIV-positiver Mann bewarb sich im Jahr 2016 bei der Polizei. Aufgrund seiner Erkrankung erhielt er eine Absage – und klagte daraufhin gegen die Entscheidung. Jetzt verkündete das Verwaltungsgericht Hannover in einer Pressemitteilung: Die Polizeiakademie Niedersachsen ist dazu verpflichtet, neu über die Bewerbung zu entscheiden.
Aufgrund seiner Infektion stufte ihn die Polizeiakademie Niedersachsen als für den Polizeidienst untauglich ein. Der Kläger hatte sich in der Vergangenheit mit dem HI-Virus infiziert und wird seit mehreren Jahren antiviral therapiert. Dementsprechend niedrig ist seine Viruslast – sie liegt konstant unter der Nachweisgrenze. Im Sachverständigengutachten, das vom Gericht eingeholt wurde, fasst der Gutachter zusammen: Der Kläger werde den Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes gesundheitlich gerecht, ohne dass ein Ansteckungsrisiko für andere bestehe. Die therapierte Infektion biete keinen Anlass, dies in Frage zu stellen.
Die Polizeiakademie Niedersachsen ist anderer Ansicht: Es komme im beruflichen Alltag bei körperlichen Auseinandersetzungen zu blutenden Verletzungen bzw. Blutkontakten. Auch bei einer Viruslast unter der Nachweisgrenze seien weiterhin Viren im Blut vorhanden und es bestehe ein Infektionsrisiko, heißt es in der Mitteilung des Verwaltungsgerichts.
„Ich bin ziemlich schockiert, wie die Polizeiakademie in Niedersachsen die Situation beurteilt“, sagt Infektiologin Nazifa Qurishi auf Anfrage der DocCheck Redaktion. Sie weist auf das CONSENSUS-Statement hin, das mittlerweile von über 850 Organisationen in mehr als 100 Ländern unterzeichnet wurde. Die Kernaussage lautet: „Nicht nachweisbar = nicht übertragbar.“
„Für Menschen mit HIV ist das Wissen um die Nichtübertragbarkeit unter Therapie ein Meilenstein auf dem Weg zur Entstigmatisierung und einem normalen Leben mit HIV“, heißt es seitens DAIG, die zu den Unterzeichnern des Statements gehört. „Das ist eine wichtige Aussage, die ich voll und ganz befürworte“, betont Qurishi. „Ein HIV-positiver Mensch, der therapiert wird und mindestens sechs Monate unter der Nachweisgrenze ist, kann niemanden mehr anstecken. Da spielt es auch keine Rolle, welchen Beruf die Person ausübt.“
Der Kläger verlangt die Verpflichtung der Beklagten, ihn für den Vorbereitungsdienst einzustellen. Darüber hinaus fordert er Schadensersatz wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
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