Als behandelnder Arzt sollten Sie Ihre Hämophilie-Patienten rechtzeitig vor Urlaubsantritt über reisemedizinisch relevante Aspekte aufklären. Dieser Beitrag und die unten bestellbare Reisebroschüre liefern die wichtigsten Informationen.
Dank verbesserter Faktortherapien ist das Reisen für Hämophilie-Patienten einfacher geworden. Mit einer umsichtigen Planung und sorgfältigen Vorbereitung ist nahezu jede Reise möglich.1 Nach den Ergebnissen einer Umfrage bei 500 deutschen Hämophilie-Patienten gab jeder dritte Patient an, schon mindestens einmal eine Fernreise unternommen zu haben.2
Doch nicht jede Reiseart mag für Hämophilie-Patienten ideal geeignet sein. So ist von Unternehmungen mit hohem Verletzungspotenzial (z. B. riskante Klettertouren) und Abenteuerreisen wegen eventueller Hygienemängel und Unfallgefahr eher abzuraten.
Einige Erkrankungen, wie etwa Malaria oder Dengue-Fieber, können durch Manifestation einer Thrombozytopenie das Blutungsrisiko erhöhen.1 Insbesondere in den Subtropen und Tropen können aufgrund der wärmeassoziierten Vasodilatation verletzungsbedingte Gefäßschäden stärker bluten bluten und die Blutungsfrequenz möglicherweise erhöht sein.2
In bestimmten Ländern besteht ein größeres Übertragungsrisiko für HBV, HCV oder HIV. Dies muss bei einer im Notfall erforderlichen medizinischen Hilfeleistung berücksichtigt werden.3 Die Patienten sollten daher über das erhöhte Übertragungsrisiko bei eventuell notwendiger Gabe von Blutprodukten oder dem Einsatz unsteriler Materialien im Fall einer medizinischen Behandlung informiert werden.
Bei den für die Reise erforderlichen Impfungen sollten nach Möglichkeit Schluckimpfungen sowie sub- oder intrakutan injizierbare Vakzine zum Einsatz kommen.2
Aufgrund der besonderen reisemedizinischen Risiken im Reiseland sollten Hämophilie-Patienten zur Beratung bei einem Reise- oder Tropenmediziner vorstellig werden.2
Sie können Ihren Patienten unterstützen, indem Sie zusammen mit ihm/ihr kalkulieren, wie viel Faktorkonzentrat während der Reise benötigt wird. Vorab geprüft werden sollte auch, ob das verwendete Präparat im Reiseland erhältlich ist. Informationen über die Verfügbarkeit vor Ort können z. B. über den Hersteller des Faktorkonzentrats in Erfahrung gebracht werden.
Abhängig vom Reiseziel kann die Versorgung mit Gerinnungspräparaten nur eingeschränkt gewährleistet sein. Patienten mit schwerer Hämophilie benötigen eventuell zusätzliche Faktorsubstitutionen, wenn anstrengende oder riskante Unternehmungen anstehen.1 Daher empfiehlt es sich, zur Sicherheit einen Mehrbedarf für den Notfall einzuplanen.
Bei Flugreisen gehört das Faktorkonzentrat unbedingt in das Handgepäck. Zu beachten ist, dass viele Plasma-Faktorkonzentrate im Gegensatz zu den häufig mehrere Monate bei Raumtemperatur lagerfähigen, rekombinanten Faktorpräparaten eine möglichst durchgehende Kühlung erfordern. Für den Transport eignen sich besonders Faktorpräparate mit kompakten Verpackungen und einem platzsparenden Volumen der Durchstechflaschen.
Mehr Informationen rund um die Themen sichere Lagerung und Transport sowie viele weitere reisemedizinisch relevante Informationen und Tipps bietet die von Sobi herausgegebene Reisebroschüre „Wegbegleiter“. In der Broschüre finden Sie und Ihre Patienten nützliche Reisedokumente wie z. B. Zollbescheinigungen in mehreren Sprachen oder ärztliche Bescheinigungen zum Heraustrennen. Die Reisebroschüre können Sie über diesen Download als PDF herunter laden.
Quellen:
1. Stoschek, J.; Fast jede Reise ist möglich; Ärzte Zeitung, 27.06.2014
2. RingwaldJ et al. Hämophilie und Reisen – Reisemedizinisch relevante Aspekte zu angeborenen hämophilen Krankheitsbildern. Flug u Reisemed 2013; 20(6): 293-299
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